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Markus Somm über Satire beim SRF
Aus Kultur-Aktualität vom 10.05.2021. Bild: Keystone / GAETAN BALLY
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Kritik an «Deville» Was darf öffentlich-rechtliche Satire, Markus Somm?

Heute urteilt die unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI darüber, ob die «Deville»-Sendung über die Konzernverantwortungs-Initiative zulässig war. Beanstandet wurde, dass sich die Satire-Sendung kurz vor der Abstimmung zur Initiative geäussert hat.

Was darf öffentlich-rechtliche Satire? Markus Somm, Chefredaktor der bürgerlichen Satire-Zeitschrift Nebelspalter, fordert Ausgewogenheit – und weiss um ihre Grenzen.

Markus Somm

Markus Somm

Verleger

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Als Journalist hat Markus Somm unter anderem für den Tages-Anzeiger und die Weltwoche gearbeitet. Danach war er Chefredaktor und Verleger der Basler Zeitung. Seit 2021 ist er Chefredaktor und Mitinhaber der Satirezeitschrift Nebelspalter.

SRF: Geht es gegen die Satire-Freiheit, wenn sich «Deville» kurz vor der Abstimmung nicht zu dem Thema äussern darf?

Markus Somm: Das glaube ich nicht. Man würde auch die Satiriker zu wenig ernst nehmen. Satire ist genauso ernsthaft wie ein politischer Kommentar, es gibt eine klare Botschaft. Die Mittel sind einfach anders.

Ich finde es richtig, dass SRF sich ab und zu positionieren darf.
Autor: Markus Somm Nebelspalter

Das würde dann aber heissen, dass SRF als gebührenfinanziertes Medium gar keine Satire machen darf?

Nein, wir haben ja in der Schweiz Richtlinien. Es ist nicht so, dass SRF sich nie politisch positionieren darf. Aber es ist sehr heikel vor einer Abstimmung.

Ich glaube das ist der Preis, den man zahlen muss, wenn man gebührenfinanziert ist. Beim Nebelspalter sind wir frei zu machen, was wir wollen. Aber der Leser muss uns auch nicht abonnieren. Bei der SRG ist das ganz anders, da müssen alle mitzahlen. Deswegen ist die Ausgewogenheit bei SRF ein wichtiges Anliegen.

Ich würde nicht päpstlicher sein als der Papst. Ich finde es richtig, dass SRF sich ab und zu positionieren darf. Aber ich glaube, die Leitlinien haben Recht, wenn sie sagen: Kurz vor der Abstimmung darf man das eigentlich nicht.

Video
Aus dem Archiv: Nebelspalter lanciert Onlineportal
Aus Tagesschau vom 18.03.2021.
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Was wäre die Lösung? Nach rechts und nach links gleichermassen auszuteilen? Eine Art Service public für Satire?

Für einen öffentlich-rechtlichen Sender ist es sehr schwierig. Natürlich wäre eine Lösung, dass man sich bemüht, die Satire gleichmässig nach links und rechts zu richten. Aber wir wissen auch, dass Leute, die Satire machen, eher links der Mitte stehen. Es gibt nicht so viele bürgerliche Satiriker, das muss man ehrlicherweise zugeben.

Dominic Deville im Anzug am Set seiner Sendung
Legende: Der Stein des Anstosses: Eine Ausgabe der Sendung «Deville» wurde kritisiert, weil sie sich kurz vor der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative äusserte. SRF/Oscar Alessio

Die Kritik, dass SRF Schlagseite nach links habe, haben wir auch schon zur Genüge gehört, nicht?

Es gibt eine Untersuchung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur. Da wurden die SRG-Journalisten aufgefordert, sich selbst politisch zu verorten. Das Ergebnis war verheerend, weil eine deutliche Mehrheit der SRG- Journalisten sich selbst als links bezeichnet hat.

Aber ja, diese Kritik ist auch alt. Es gab in den 1970er-Jahren den Hofer-Club, der das Fernsehen immer wieder kritisiert hat. Er hat sich sogar bemüht, eine bürgerliche Satire aufzubauen: Man hat Bürgerliche aufgefordert, ab und zu Satire fürs Fernsehen zu machen. Das ist nicht sonderlich gut gelungen.

Sie selbst versuchen mit dem Nebelspalter Satire aus bürgerlicher Perspektive zu machen. Wie sieht Ihr Ideal einer guten Satire-Landschaft aus?

Dass jeder drankommt: die Linken, die Rechten, die Mächtigen. Es geht bei der Satire vor allem um die Mächtigen. Das sind die Reichen, aber eben auch die Etablierten. Und da finden wir auch sehr viele Linke.

Ich glaube ganz grundsätzlich, wir sollten viel weniger empfindlich sein. Wir sind in einer Zeit der neuen Empfindlichkeit, wo die Leute schon erschrecken, wenn man irgendetwas sagt, das ein bisschen deutlicher ist oder ein bisschen politisch unkorrekt.  

Wir sind sehr empfindlich geworden, das finde ich nicht gut. Weil niemand weiss, wo Gott hockt.

Das Gespräch führte Susanne Schmugge.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 10.5.2021, 07:06 Uhr.;

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