Ein Kunstwerk von Mason Storm wirft Wellen der Empörung. Die Zuger Galerie Gleis 4 will es nun nicht mehr im Bahnhof Basel SBB zeigen und begründet ihren Rückzieher mit Sicherheitsbedenken. Sie fürchte Störaktionen. Das Kunstwerk werde im September aber andernorts in Basel ausgestellt, sagte die Galerie der Basler Zeitung. Wo, das könne man noch nicht sagen.
Geschmackslos?
Trump wird in oranger Häftlingskleidung gezeigt: Er ist wie ein Schwerstverbrecher auf der kreuzförmigen Pritsche festgeschnallt. Wie ein Delinquent, den jetzt die Todesstrafe durch Giftspritze ereilt. Gleichzeitig sieht er eben aus wie ein Gekreuzigter.
Auf Social Media und auf dem Medienportal kath.ch machen Gläubige ihrer Empörung Luft: Das Kunstwerk sei geschmacklos und verletze religiöse Gefühle. Der Zürcher Theologieprofessor Simon Peng-Keller nannte das Werben der Galerie mit dieser «Skandal-Kunst» schlicht «billig». Selbst aus Österreich meldete sich ein Bischof und nannte das Kunstobjekt «abartig».
Schon verkauft
Gelassener nimmt es der Basler Kunsthistoriker, Dozent für Kunstgeschichte an der Universität Basel und praktizierender Katholik Axel Gampp. Es ginge fast nicht einfacher, Aufmerksamkeit zu erzielen, als die beiden grossen Nummern Jesus und Trump schlicht «zusammenzumontieren».
Die Zuger Galerie Gleis 4 hat die Skulptur schon vor der Ausstellungseröffnung verkauft. Die Werbung für Galerie und Künstler hat also hervorragend funktioniert. Aber tut dies auch das Kunstwerk? Gampp hat Zweifel.
Niemand hat ein Copyright aufs Kreuz
Das Kreuz ist ein Symbol, das alle nutzen können. Niemand hat das Copyright darauf. In provokanter Form garantiert es Aufschrei und Aufmerksamkeit, die stärkste Währung heutzutage. Darauf setzen auch Popstars: Etwa die «Queen of Pop» Madonna, die sich auf der Bühne an ein Kreuz hängen liess.
Schon seit jeher wurde das Kreuz persifliert oder dem christlichen Kontext entrissen. Los ging es bereits in der Antike. Ein anti-christliches Graffito zeigt einen gekreuzigten Esel. Es handelt sich um böse Polemik gegenüber dem Christus-Glauben.
Wie wenig originell die Idee von Mason Storm ist, mag ein anderes Beispiel der jüngeren Kunstgeschichte zeigen: die Skulptur «McJesus» des Finnen Jani Leinonen. Mit seinem McDonald's-Clown am Kreuz wollte er Konsumkritik üben.
Kunsthistoriker Axel Gampp zweifelt, ob Mason Storm, der Erschaffer der Skandal-Skulptur «Saint or Sinner» (zu Deutsch: Heiliger oder Sünder), sich der langen Kulturgeschichte des Kreuzes bewusst ist: «Man hat ein schales Gefühl dabei und fragt sich, ob der Künstler die Polysemantik – also diese Vielschichtigkeit des Kreuzes – wirklich mitbedacht hat.»
Theologisch gesehen ist das Kreuz an und für sich ein Skandalon. Mit Blick auf den Gekreuzigten sagt die Bibel nämlich: «ecce homo», das ist ein Mensch. Und seht, was ihr Menschen Grausames mit Menschen macht. Das Kreuz prangert Unmenschlichkeit, Gewalt und Machtmissbrauch an. Und der Gekreuzigte ist gerade nicht der Verbrecher. Sondern das Opfer des Imperialismus der Römer.
Dieser zentrale Gedanke der Jesusgeschichte geht in Storms Skulptur nicht auf. Aber darüber aufregen will sich der Kunsthistoriker Axel Gampp nicht: «Das jetzt gross aufzublähen? – Ich weiss nicht, ob es das wirklich wert ist.»