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Landessprachen-Obligatorium Bald kein Französisch mehr für KV-Lehrlinge?

KV-Lehrlinge sollen künftig nur noch eine Fremdsprache lernen müssen. Lehrerinnen und Lehrer sind nicht begeistert.

Das Landessprachen-Obligatorium für die KV-Lehre soll fallen. Diesen Umbau plant die Schweizerische Konferenz der kaufmännischen Ausbildungs- und Prüfungsbranchen SKKAB.

«Zur Wahl stehen Französisch und Englisch. Auch Französisch bleibt für viele Ausbildungs- und Prüfungsbranchen und für viele Betriebe wichtig», erklärt SKKAB-Geschäftsführer Roland Hohl. Man könne deshalb nicht davon sprechen, dass Französisch abgewählt werden soll.

Sprachenpolitische Verantwortung

Welche Sprache Lernende als erste Fremdsprache wählen, bestimmt laut Entwurf der Verordnung der Lehrbetrieb. In einem Betrieb werde meist nur eine Fremdsprache gebraucht, erklärt Hohl. Auf deren Kenntnisse solle sich die Berufsschule konzentrieren.

Daneben existiere die Möglichkeit, eine zweite Fremdsprache zu erlernen. Denn wer im Anschluss an die KV-Lehre den Weg der Berufsmatura wählt, für den bleibt die zweite Fremdsprache obligatorisch.

Differenzierung und Individualisierung

Roland Hohl glaubt daher nicht, dass das Französische leichtfertig abgewählt würde: «Es geht um eine Differenzierung und um eine Individualisierung des Angebots. Und das muss mit einer guten Beratung und Betreuung vor Ort verbunden sein.»

Der Verantwortung gegenüber den Landessprachen sei sich die Konferenz der kaufmännischen Ausbildungs- und Prüfungsfragen bewusst, sagt Hohl, und verweist darauf, dass Gespräche mit Kantonen und Bund bevorstehen.

Eine junge Frau an einem Büroarbeitsplatz telefoniert.
Legende: Parlez-vous français? Ob KV-Lehrlinge zukünftig Englisch oder Französisch lernen, soll der Lehrbetrieb bestimmen. Keystone

Lehrerinnen und Lehrer sind skeptisch

Beim Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz ist man skeptisch gegenüber der Reform. «Das ist auch ein Angriff auf die Landessprachen, die wir mit sehr grossem Engagement für die Volksschule geschützt haben», erklärt Zentralsekretärin Franziska Peterhans.

Die Chance sei erfahrungsgemäss sehr gross, dass gerade junge Menschen, die die Lehre beginnen, das Freifach Französisch abwählen würden, sagt Peterhans. «Das wäre auch in der Volksschule so. Englisch hat einfach einen besseren Status bei den jungen Menschen.»

Werde das Französisch im KV fakultativ, könne sich das auch auf die Volksschule auswirken. «Gerade wenn im KV etwas geändert wird, also in der anschliessenden Berufslehre, erhöht sich ziemlich sicher der Druck auf die Volksschule», denkt Peterhans. «Seitens des Lehrerverbandes werden wir uns darum für die zweite Landessprache weiterhin vehement einsetzen.»

Mehr Sprachkenntnisse = höherer Lohn

Franziska Peterhans fügt hinzu: Wer eine zweite Landessprache beherrsche, verdiene 10 bis 15 Prozent mehr. Und sie erinnert an die Verantwortung der Ausbildungsinstitutionen für die Landessprachen und den Zusammenhalt der Schweiz.

Die neue Bildungsverordnung fürs KV genehmigt schliesslich der Bund. Genauer: das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation. Dessen Vizedirektor Rémy Hübschi betont, das KV sei mit Abstand die häufigste Berufslehre und deshalb werde es bundesinterne Beratungen geben zur Reform.

Wirtschaft versus Sprachpolitik

Die meisten Berufsausbildungen beinhalten gar keine Fremdsprache. Nur 16 Prozent der 230 Berufe mit eidgenössischen Fähigkeiten Zeugnis sähen überhaupt eine Fremdsprache vor, sagt Rémy Hübschi.

Das KV gehört zu diesen Berufen mit mindestens einer Fremdsprache. Und das KV ist wichtig: Etwa 14’500 Jugendliche pro Jahrgang absolvieren heute diese Ausbildung.

«Insofern hat das sicher aufgrund der Grösse der kaufmännischen Branche Auswirkungen und muss noch aus einer sprachenpolitischen Perspektive beurteilt werden», so Hübschi.

Es gilt also abzuwägen zwischen den Interessen der Wirtschaft und der eidgenössischen Sprachpolitik.

Kultur-Aktualität, 12.3.2020, 6.50 Uhr, Radio SRF 2 Kultur ; 

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