Mirko Baselgia war gerade mal elf Jahre alt, als er erstmals den Wunsch verspürte, Künstler zu werden. Seine grosse Frage war: «Wie macht man das?». Eine Antwort hat er offensichtlich gefunden, denn 20 Jahre später ist Baselgia Preisträger des Manor Kunstpreises 2013. Doch der Weg vom Traum bis zur Verwirklichung war lang.
Der Traum vom Künstlerleben
In seiner Kindheit im beschaulichen Dorf Lenz – Lantsch auf rätoromanisch – gab es niemanden, an dem er sich orientieren konnte. Da war einfach die Liebe zur Malerei und die Vorstellung, einmal von der Kunst zu leben. Seine Grossmutter erinnert sich heute noch gut, wie Baselgia als Kind meinte, er stamme von Van Gogh ab. Heute erinnert er sich aber eher an Michelangelo als erstes beeindruckendes Vorbild.
Mit den Eltern einigte er sich darauf, zuerst eine Lehre als Hochbauzeichner zu absolvieren. Danach absolvierte er den Master in Fine Arts an der Zürcher Hochschule für Künste. Heute ist der 31-Jährige einer der interessantesten Schweizer Künstler.
Seine Neugier an Prozessen in Natur und Gesellschaft treibt ihn zu eigenwilligen Transformationen. So liess er das Bild einer Bienenwabe mehrfach vergrössern, machte daraus eine 3D-Vorlage, die dann von einer Fräsmaschine ausgearbeitet wurde. Natürlich nicht in Wachs, sondern in Arvenholz. «Das Material ist eine zusätzliche Ebene und es muss immer zum Objekt passen. Entscheidend ist, dass die Transformation in ein anderes Material dem Werk eine neue Aussage und eine gewisse Künstlichkeit gibt», sagt Baselgia.
Verborgenes sichtbar machen
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Mit dem Manor Kunstpreis war eine erste grosse Einzelausstellung im Kunstmuseum in Chur verbunden. Dort gab es bis vor kurzem Ungewöhnliches zu sehen: eine darmähnliche Struktur rankte sich durch die Räume und entpuppte sich als Rekonstruktion eines Höhlensystems von Murmeltieren. Den von einem Strassenbauprojekt bedrohten Murmeltierbau fand Baselgia am Julierpass. Zuerst liess er ihn mit Beton ausfüllen und später in Neapel in Bronze nachgiessen. Eine andere Sicht auf seine Umwelt, die Verborgenes hervorholt.
Jetzt sind Teile dieser Skulptur fest installiert, im Schulhaus in Lenz, als Kunst am Bau. Baselgia freut sich über die Anerkennung seiner Heimatgemeinde. In Lenz ist er in einer romanischsprachigen Familie aufgewachsen.
Spielend mehrsprachig
Er kann sich erinnern, wie er das Schweizerdeutsche beiläufig beim Spielen mit Kammeraden lernte. Später in der Schule war dann die Schriftsprache Pflicht. Heute schätzt er es, dass er beide Sprachen spricht und benutzt häufig romanische Begriffe für die Titel seiner Werke.
Nun ist Mirko Baselgia gespannt, wie die Menschen im Dorf auf seine Kunst reagieren, mit der sie jetzt direkt konfrontiert werden. Jedes Schulkind wird sich fragen, warum dieser komische «Tatzelwurm» Kunst sein soll. Und vielleicht ist ja dadurch bereits ein Grundstein für eine weitere Künstlerkarriere in Lenz gelegt.