Die meisten Rombesucherinnen und -besucher sind davon überzeugt, dass die Päpste immer schon im Vatikan lebten. Aber das ist ein Irrtum. Rund 1000 Jahre lang regierten die Päpste vom Lateranpalast aus.
Machtzentrum und Bordell
Der prächtige Palast war ein Geschenk von Kaiser Konstantin dem Grossen. Die wichtigste Kirche der Päpste war die direkt benachbarte Johannesbasilika. Die Kirche und der Palast waren eines der wichtigsten Machtzentren des mittelalterlichen Europas.
Doch aufgrund politischer Wirren mussten die Pontifexe Rom verlassen. Von 1309 bis 1377 lebten sie im französischen Exil. Als Papst Gregor XI. endlich wieder in seine Stadt zurückkehrte, präsentierte sich ihm der Lateranpalast als Quasi-Ruine. Erdbeben hatten das Gebäude in Mitleidenschaft gezogen und, schlimmer noch, es war von Kriminellen und Huren bewohnt.
Der Papst musste also woanders wohnen und regieren. Schliesslich entschied er sich für den Vatikanhügel. Der Lateranpalast galt zwar auch weiterhin offiziell als Papstpalast und als Residenz der Bischöfe von Rom, wurde aber sich selbst überlassen.
Ein Phönix aus der Asche
Im 16. Jahrhundert nahm sich der energische Renaissancepapst Sixtus V. der Lateranruine an. Er liess den Palast abreissen und von seinem Lieblingsarchitekten Domenico Fontana neu errichten. Auch die Johannesbasilika wurde im Stil der Zeit umgebaut und verschönert.
Seitdem präsentiert sich der Lateranpalast mit eindrucksvollen Prachtsälen, deren Deckengewölke komplett mit Fresken geschmückt sind, mit Gobelins und Gemälden. Die Prachttreppe in das erste Stockwerk mit ausgemalter Decke gehört zu den längsten und grössten Europas.
Im Thronsaal des Lateranpalastes empfingen die Päpste ihren Hofstaat nach ihrer Krönung in der Johannesbasilika. Erst die italienische Staatseinigung 1870 brachte das Ende der weltlichen Macht der Päpste.
Prunkvolle und bescheidene Einblicke
Papst Franziskus, der mit dem Prunk nicht viel anfangen kann, hat den Lateranpalast nun in ein Museum umgewandelt. Wie schon seine Sommerresidenz in Castel Gandolfo entschied Franziskus, dass auch diese Papstresidenz allen zugänglich sein soll.
Bei der Besichtigung des Lateranpalastes bekommen die Besucherinnen auch die Privatwohnung der Päpste zu sehen. Bescheidene Räume, die zuletzt Anfang des 20. Jahrhunderts umgebaut worden waren.
Doch ein Schlafzimmer sucht man in der Papstwohnung vergebens. Die Nonnen, die die Führungen organisieren, erklären den neugierigen Besuchern, dass sich die Päpste in ihrer Funktion als Bischöfe von Rom zwar dann und wann in dieser Wohnung aufhalten, aber nur im Vatikan schlafen.