«What to do when the shit hits the fan?», fragt Unternehmer Rasmus Nutzhorn die rund 300 Zuschauer der «Fuckup Night» im Zürcher ewz Unterwerk Selnau. Was tun, wenn die Scheisse auf den Ventilator trifft – wenn also das Schlimmst-mögliche passiert?
Rasmus Nutzhorn erntet dafür Lacher und Applaus. Aushalten, vergeben, lernen und weitergehen – so in etwa seine Antwort.
Eine reizvolle Mischung
Rasmus Nutzhorn ist einer der fünf Sprecher, die an dem vom ETH Enterpreneurs Club organisierten «Fuckup»-Event von ihrem Scheitern berichten. Er erzählt, wie er sehr sehr viel Geld seines Onkels beinahe in den Sand gesetzt hat und zeitgleich von zwei sehr mächtigen Firmen angeklagt wurde.
Er redet persönlich und gluckst selbst bei der Erinnerung an das Familiendinner, wo die Grossmutter über die Tafel nach seinen Geschäften fragte und es plötzlich still wurde in der Runde.
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Nutzhorn trifft eine reizvolle Mischung aus authentischem Erzählen und selbstironischer Distanz. Das ist witzig, irgendwie befreiend – nicht nur für ihn. Jeder Schnitzer ein Lacher, jeder Bock ein Applaus. Der Unterhaltungsanspruch ist Teil des Konzepts einer «Fuckup Night».
Eine Schnapsidee aus Mexiko
Erfunden wurde das inzwischen weltweit in einem Franchising-System kopierte Format 2012 in Mexiko. Ein paar Freunde, so heisst es, haben sich an einem feuchtfröhlichen Abend ihre Misserfolge gebeichtet, das Potential dieser Geschichten entdeckt und daraus einen Anlass entwickelt. Die «Fuckup Night» war geboren.
Inzwischen werden in über 130 Städten in über 40 Ländern weltweit Scheiterabende veranstaltet. Tendenz steigend. Das Ding ist ein Hit. In Mexiko-City werden beim nächsten Event 1‘500 Menschen erwartet.
Popcorn und ein bisschen Schadenfreude
Die Regeln des Abends hat die mexikanische «Fuckup»-Zentrale aufgestellt: Jeder «Fuckupreneur» kriegt zehn Minuten Redezeit. Dazu 40 Folien. Und berichtet davon wie er ein Business versiebt, vergeigt, vermasselt hat und was er aus der Misere lernte.
Das Publikum knabbert Popcorn dazu und lässt sich mitnehmen auf Kurztrips ins Land der Pleiten und Pannen. Schadenfreude ist auch eine Freude.
Tröstlich ist es doch zu hören, wie es anderen Mal dreckig ging. «Erfolgstories sind langweilig – erzählt uns vom echten Leben», so der Tenor unter den zukünftigen Startuppers.
Scheitern macht demütig
«Ich finde es inspirierend zu sehen, wie andere quasi durch ihre Pleiten neue Dinge geschaffen haben», sagt eine Zuschauerin. Das Format verspricht «lehrreiche Unterhaltung». Ob der Mensch tatsächlich durch Fehler schlauer wird als durch Erfolg, dafür fehlen die Belege.
Was aber die von Krisen geschüttelten Helden der Veranstaltung eint, ist die Erkenntnis, dass Scheitern demütig macht. Es befreit. Die Prioritäten verschieben sich. Feste Werte wie Familie rücken wieder ins Zentrum. Und das nächste Business richtet sich weniger auf den reinen Gewinn aus.
Scheitern tut weh
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Nach den Reden gibt es gratis Burritos und Freibier. Jungunternehmer sind eine interessante Zielgruppe für Sponsoren. Und networken geht immer.
«Der Misserfolg wird nicht wenige von ihnen irgendwann treffen», meint der krisenerprobte Entrepreneur Nutzhorn. «Viele der Startupper, die heute Abend Spass haben werden, erschrecken, wie weh es tut, wenn die Niederlage dann tatsächlich einschlägt.»
Wenn die Scheisse auf den Ventilator trifft, hört das Lachen auf. «Dann kann man nur hoffen, dass die Gespräche des ‹Fuckup› Events ihnen helfen, wieder aufzustehen und weiterzumachen.»
Sendung: SRF 1, Kulturplatz, 30.11.2016, 22:25 Uhr.