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Bild 1 von 9. Inszeniert wie eine Prinzessin: Ein Model posiert für die Vogue-Ausgabe Juni 1947. Bildquelle: Clifford Coffin.
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Bild 2 von 9. Früher waren die Gesichter der Models abgewandt und versteckt, heute schauen sie direkt in die Kamera. Wie hier beim Vogue-Cover vom Januar 1949, mit einem Kleid von Gilbert Adrian. Bildquelle: Horst P. Horst.
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Bild 3 von 9. In jüngerer Zeit orientiert sich die Mode wieder am Märchen. Wie hier Dior Haute Couture, Vogue November 2004. Bildquelle: Arthur Elgort.
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Bild 4 von 9. Fliessende Stoffe und eine romantische Wendeltreppe: So kommt das Kleid von Stella McCartney zur Geltung, in der Vogue Juli 2005. Bildquelle: Tim Walker.
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Bild 5 von 9. Angelehnt an die Fotografie von früher? Das Model kehrt dem Betrachter den Rücken zu – in einem Kleid von Christian Lacroix, Vogue April 2002. Bildquelle: Corinne Day.
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Bild 6 von 9. Zeitlos und klassisch. Die Modefotografie liebt das Märchenhafte. Hier mit einem Kleid von Emanuel Ungaro, Vogue Juni 2005. Bildquelle: Benjamin Alexander Huseby.
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Bild 7 von 9. Die Models stehen heute bei der Fotografie mehr im Zentrum, als früher. Besonders wie hier in einem Kleid von Manish Arora für Paco Rabanne, Vogue März 2012. Bildquelle: Mario Sorrenti.
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Bild 8 von 9. Märchenhaft weiss, fantasievoll und opulent: Ein Kleid von John Galliano für Dior Haute Couture, Vogue Mai 2007. Bildquelle: Mario Testino.
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Bild 9 von 9. Luftig und mit direktem Blick: Die Inszenierung eines Kleides von Marc Jacobs, Vogue April 2011. Bildquelle: Tim Walker.
Die Oscar-Verleihung letzte Woche hat wieder deutlich gezeigt: Nicht nur die Goldmännchen stehen im Mittelpunkt ̶ sondern auch das Weiblichste, das es gibt: Das Kleid. Praktisch im gleichen Atemzug mit den Gewinnerinnen und Gewinnern wurde web-auf web-ab darüber berichtet, welche Frau welches Kleid zur Show getragen hat. Warum nur steht das Kleid im öffentlichen Interesse? Weil es vor allem eines verkörpert: Illusion.
Der Zauber des Aschenputtels
Erst mit dem traumhaften Kleid verwandeln sich Normalsterbliche in eine Fantasiefigur. Es ist der sogenannte Aschenputtel-Moment: Mit einem zarten Gebilde aus Samt, Seide, Schleifen und Stickereien verwandeln wir uns von der unbeachteten grauen Maus in eine strahlende Prinzessin. Und zwar wir alle, egal welchen Alters. Der britische Schriftsteller und Journalist Geoff Dyer bringt es auf den Punkt. In der Vogue 2003 schreibt er über ein Model, das sich nach dem Ankleiden im Spiegel betrachtet: «Sie hatte darin gesehen, was sie werden würde: die Inkarnation von etwas, das mehr war als sie selbst.»
Der opulente Bildband «Vogue: Das Kleid» beleuchtet das Kleid im Spiegel der Jahrhunderte. Für das Buch hat Jo Ellison, leitende Moderedaktorin der britischen Vogue, die Firmenarchive durchforstet und hundert Jahre Modefotografie des Kleides gesichtet. Über dreihundert Bilder vereint sie in ihrem Werk und untersucht diese auf Gemeinsamkeiten.
Ihr Fazit ist wenig überraschend: Opulente Abendkleider sind zeitlos und deswegen auch nicht kurzlebigen Moden unterworfen. Abendmode verhält sich zyklisch im Rad der ewigen Wiederkehr – mal klassisch, mal märchenhaft, mal dramatisch, so lauten einige ihrer Kategorien.
Fremde Kulturen verlocken nicht mehr
Viel spannender ist hier wiederum die Inszenierung der Frau: In den 1920er- und 1930er-Jahren sind die Vogue-Modelle noch vor allem gezeichnet. In den folgenden Jahrzehnten spielen die Models in den Fotografien eine Nebenrolle, ihre Gesichter sind abgewandt oder liegen sogar im Schatten. Erst nach und nach gewinnt das Model an Bedeutung, schaut direkt in die Kamera – und verabschiedet sich in den 1980er-Jahren vollends vom ewigen Lächeln.
Besonders spannend sind die Geschichten, welche die Redaktorin in die Bildlegenden packt. Die Fotos erzählen von Fantasien und Träumen der jeweiligen Zeit: Nach den beiden Weltkriegen träumte man in den Ruinen von Luxus und Selbstbewusstsein. Kurz darauf verlockten exotische Weltgegenden und fremde Kulturen zum Schwärmen.
Und heute? In einer Zeit, in der Billigflüge bis ans Ende der Welt angeboten werden und kaum eine Kultur mehr fremd ist, inszeniert sich die Mode wieder dort, wo sie angefangen hat: Im Märchen und in der Fantasie. Den Träumen von Aschenputtel sind eben keinerlei Grenzen gesetzt – auch den feinstofflichen nicht.