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Gesellschaft & Religion Mal Klartext, Herr Pfarrer!

Er gab in den Schweizer Medien heftig zu reden: ein Porträtband über Gottfried Locher, den obersten Reformierten des Landes. Geschrieben hat das Buch Josef Hochstrasser. Es soll Locher als Mensch unter Menschen darstellen – und provozieren. Jedoch schreckt es durch seine unappetitliche Nähe ab.

«Heiliger Bimbam», eröffnet der «Blick» seinen Artikel über das Locher-Buch. «Ein politisch nicht ganz korrekter Oberhirte», heisst es im «Tages-Anzeiger» und die NZZ titelt: «Gottfried Locher lobt Dienste der Prostituierten».

Buchhinweis

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Josef Hochstrasser: «Gottfried Locher. Der ‹reformierte Bischof› auf dem Prüfstand». Zytglogge Verlag, 2014.

Der Grund für den Medienwirbel findet sich auf Seite 129 des Porträtbandes über Gottfried Locher, den Präsidenten des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes. Dort geht es um das Thema Prostituierte, und der oberste Reformierte wird zitiert mit dem Satz: «Befriedigte Männer sind friedlichere Männer. Darum sage ich, wir sollten den Prostituierten dankbar sein.»

Der traut sich was

«Heiliger Bimbam, der traut sich was, der Herr Präsident», ist der «Blick» ganz erstaunt. Allerdings zitiert das Boulevard-Blatt auch sogleich die Reaktion einer Fachfrau für Frauenhandel, die Locher ein problematisches sexistisches Weltbild vorwirft, in dem die Frauen als Ventil der männlichen Lust zu dienen haben.

Wie dem auch sei, das soeben auf den Markt gekommene Buch «Gottfried Locher. Der ‹Reformierte Bischof› auf dem Prüfstand» hat ein erstes Ziel erreicht: Es ist in die Schlagzeilen gekommen. Und so ist es auch angelegt. Der Autor ist Josef Hochstrasser, einst katholischer Priester, dann reformierter Pfarrer und nun Publizist. Im Untertitel benennt Hochstrasser den Reformierten Chef als «reformierten Bischof», ein Amt, das Gottfried Locher nur zu gerne innehätte, das es aber in der Schweiz nicht gibt.

Godi ist ein attraktiver Mann

Das Buch besteht aus zehn unterschiedlichen Kapiteln. Themen sind etwa das Sterben, das Fussballspiel, bei dem der Herr Präsident wie andere YB-Fans auch eine Wurst isst, oder die Lust und Liebe. Es ist routiniert geschrieben und flüssig zu lesen, schreckt aber ab durch eine fast unappetitliche Nähe, die der Autor dem Objekt seines Porträts gegenüber offenbart. Hochstrasser nennt Locher schlicht Godi und findet, dass Godi ein attraktiver Mann sei.

Zum Schluss des Buches fragt Hochstrasser Godi noch, ob er dereinst in den Himmel käme. Worauf dieser antwortet: «Sicher ist, ich komme vor das jüngste Gericht.» Das Buch «Gottfried Locher. Der ‹Reformierte Bischof› auf dem Prüfstand» wird dort wohl keine Rolle spielen.

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