Rombesuchenden fallen bei ihren Spaziergängen durch die Altstadt gleich viele negative Dinge auf: vergammelte Grünflächen und Stadtparks, Müll überall. Nicht nur holprige, sondern löchrige Strassen, die immer wieder schwere Unfälle mit Zweiradfahrern provozieren. Aggressive Möwen, die Müllsacke aufreissen und die Abfälle verstreuen.
Dazu Restaurant- und Barbesitzer, die illegal Bürgersteige mit ihren Tischen und Stühlen verstellen. Und Touristen, die, weil es sehr warm ist, halbnackt wie am Strand durch die Stadt flanieren und unerlaubterweise in historischen Brunnen ein Bad nehmen.
Altstadt-Bewohner sind wütend
In Italien gibt es eine kommunale Gesetzgebung, die bestimmte Regeln für das «decoro» vorsieht. Das Wort meint die Pflege des öffentlichen Raums. Doch diese Pflege findet so gut wie gar nicht mehr statt.
So brodelt immer stärker die Wut der Bewohnerinnen und Bewohner der Altstadt. Nach Jahren einer komplett ineffizienten Stadtregierung unter der Bürgermeisterin Virginia Raggi , die alles laufen liess, wurde 2021 der Sozialdemokrat Roberto Gualtieri neuer Bürgermeister.
Er gewann die Wahlen mit dem Slogal «Alles wird besser». Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache.
Appell an die Unesco
Nach Monaten der Kritik in den Sozialmedien und immer neuen Artikeln in den Zeitungen zum Verlottertsein der italienischen Hauptstadt auch unter Gualtieri erhält der Bürgerzorn nun eine neue Dimension.
Eine Gruppe von Bewohnern des historischen Zentrums, darunter Schriftsteller, Architektinnen, Journalisten, Intellektuelle, Schauspielerinnen sowie andere Bürger und sämtliche Vereinigungen zum Schutz der Kulturgüter haben einen Appell an die Unesco aufgesetzt. Darin fordern sie, dass sich die in Paris ansässige Kulturbehörde der Vereinten Nationen des Falls Rom annimmt.
Hoffen auf eine öffentliche Rüge
In nur wenigen Tagen kamen gleich mehrere 100 Unterschriften unter den Appell zusammen. Die Unterzeichnenden erhoffen sich eine öffentlich ausgesprochene Rüge seitens der Unesco an die römische Stadtverwaltung.
Denn der Titel «Weltkulturgut» bedeutet auch die Einhaltung von Auflagen, nämlich die ständige Pflege eines Unesco-Kulturgutes. Diese Pflege, so die Unterzeichner des Appells, fehle in Rom total.
Die Unesco hat zwei Möglichkeiten, mit den Verantwortlichen vernachlässigter Weltkulturgüter umzugehen. Erstes eine imageschädigende Rüge. Zweitens kann sie eine Location von ihrer Liste der Weltkulturgüter streichen.
Rügen durch die Unesco gab es 2013 schon im Fall des archäologischen Parks von Pompeji. Auch dort standen damals die Dinge nicht zum Besten. Nach Rügen aus Paris und Unesco-Inspektionen vor Ort wurden die Probleme schnell behoben. Ob das im Falle von Rom auch hilft? Man darf skeptisch sein.