Sein Leben und Arbeiten galt dem interreligiösen Frieden, von Jerusalem bis Sankt Gallen. Die interreligiöse Gemeinschaft der Schweiz trauert um «ihren» Rabbi Tovia. Zeitlebens blieb er ein lehrend Lernender. Und nicht nur das machte ihn unschlagbar sympathisch.
Woher Tovia Ben Chorin die enorme Kraft hatte, sich bis ins hohe Alter für Gemeindeaufbau ebenso einzusetzen wie für die christlich-jüdisch-muslimische Verständigung, bleibt bei allem Glauben ein Rätsel. Vielleicht war es auch sein Humor, seine Frau Adina, seine Familie und die vielen Freundinnen und Freunde, die er in Berlin, Zürich, Sankt Gallen und Jerusalem hatte.
Ein weltberühmter Vater
Die Liste der Kondolierenden ist dementsprechend lang. Sie zeigt, dass der kleine Mann, geboren 1936 im damaligen Palästina, ein ganz Grosser war.
Schon sein Vater Schalom Ben Chorin war weltberühmt für sein Engagement im Dialog von Juden- und Christentum. Schalom Ben Chorin war in München als Fritz Rosenthal geboren worden und flüchtete 1935 nach Jerusalem. Sein Sohn Tovia setzte den Versöhnungsdialog fort. Immer intensiver engagierte er sich dann auch für den Trialog von Juden, Christen und Muslimen.
Er tourte durch die Welt
Von Israel zog es Tovia Ben Chorin nach Cincinnati USA, um liberaler Rabbiner zu werden. Mit offenem jüdischen Geist tourte er nun durch die Welt, zwischen Israel und Europa hin- und her.
In Zürich zog er mit Witz und Klugheit viele Menschen in die junge liberale jüdische Gemeinde namens «Or Chadasch» (Neues Licht). Selten schlug er eine Einladung zu interreligiösen Gesprächen, Kursen, Podien aus.
In Sankt Gallen brachte er der kleinen, fast ausgestorbenen Gemeinde neuen Lebensmut. Und der runde Tisch der Religionen von Sankt Gallen kondolierte sogar als erster ihrer «guten Seele».
In Berlin schliesslich gehörte Tovia Ben Chorin 2011 zu den Gründern des «House of One», wo alle drei Religionen bald einmal unter einem Dach beten und Gottesdienst feiern wollen. Sein Sohn Golan wiederum engagiert sich dort weiter.
Das House of One würdigt den Verstorbenen: «Er wird uns mit seinem Humor, seiner Klugheit und Menschenliebe immer in Erinnerung bleiben. Baruch Dayan HaEmet.» – Gesegnet sei der wahre Richter, wie es in einem jüdischen Totengebet heisst, und: Möge sein Name im Buch des Lebens eingetragen sein.