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Green Storytelling an Filmschulen
Aus Kultur-Aktualität vom 07.05.2019.
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Nachhaltige Spielfilme Plastikbecher auf der Leinwand verboten?

Plastikgeschirr soll bald aus unserem Alltag verschwunden sein. Ist auch ein Verbot auf der Kinoleinwand sinnvoll?

In Filmen wird viel weniger geraucht als früher. Das liegt einerseits am gesellschaftlichen Wandel. Andererseits nehmen Filmemacher ihre Vorbildfunktion ernst: Man will Coolness nicht mehr mit Zigarettenqualm assoziieren, seit bekannt ist, wie schädlich Rauchen ist. Auch das neue Umweltbewusstsein könnte die Welt auf der Kinoleinwand verändern.

Die Hamburg Media School hat beispielsweise ihre Studierenden vor Kurzem angewiesen, in ihren Filmen auf Einwegbecher und Plastiktüten zu verzichten.

Keine unsinnigen Sachen zeigen

«Man muss schauen, dass sich die Menschen auf der Leinwand vernünftig verhalten», erklärt Professor Richard Reitinger, der künstlerische Leiter der Filmschule. «Als Vorbilder sollten sie so unsinnige Sachen, wie Plastikbecher benutzen, nicht machen.» Das sei einfach umzusetzen und wirke nicht aufdringlich.

Zwei rote Plastikbecher auf einer Theke.
Legende: Kaffee wird gerne on To-Go-Bechern getrunken – vor und auch hinter der Leinwand. Doch nachhaltig ist das nicht und soll sich deshalb ändern. Colourbox

Reitinger will wegen des Vorbildcharakters umweltbewusstes Verhalten auf der Leinwand fördern. Allerdings bildet man so nicht unbedingt die Wirklichkeit ab. Wird damit nicht verhindert, alle Facetten des Lebens zu zeigen?

Die Argumente lässt Richard Reitinger nicht gelten: «Die Wirklichkeit ist immer das, was wir auswählen. Wir nehmen uns ja heraus, das auszuwählen, was wir für sinnvoll halten.» Der hirnlose Verbrauch an Plastiktüten gehöre einfach nicht dazu, so Reitinger.

Ein Mann im Porträt.
Legende: Richard Reitinger ist künstlerischer Leiter und Studiengangsleiter Film an der Hamburg Media School. hamburgmediaschool.com

Aber muss ein Film denn erzieherischen Anforderungen entsprechen? «Erziehung ist ein Wort, bei dem es immer so ein bisschen graust», sagt Reitinger.

Aber ein Bewusstsein vermitteln könne man durchaus. «Es gibt den schönen Spruch: Ästhetik ohne Ethik ist Kosmetik».

Eine Art Bilderzensur

Eine Plastikgeschirr-Regelung wie an der Hamburger Filmschule kennt man an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) nicht, sagt die Regisseurin und Leiterin der Filmstudiengangs Sabine Boss. «Zu sagen, man darf auf der Leinwand nur noch eine Welt zeigen, wie sie in Zukunft sein sollte, ist für mich schon eine Art Bilderzensur.»

Porträt von Sabine Boss.
Legende: Regisseurin Sabine Boss von der ZHDK setzt vor allem auf umweltbewusste Filmproduktion. Keystone / Ayse Yavas

Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit auf der Leinwand ist aber auch in Zürich da. «Es geht im Film immer um die Frage: Was zeigen wir und was nicht. Ich verstehe auch die Idee mit den Plastiktüten. Wer weiss, vielleicht beeinflusst das wirklich das Konsumverhalten des Publikums», sagt Sabine Boss.

Aber nur auf die Leinwand zu achten, wäre zu wenig. «Es ist sinnvoller, wenn bei den Dreharbeiten keine Plastiktüten oder -becher benutzt werden.»

Schlechte Umweltbilanz

Sabine Boss spricht damit die Umweltbilanz der Filmproduktionen an. Filmemachen ist alles andere als eine nachhaltige Angelegenheit.

Eine Studie der Universität von Kalifornien Los Angeles hat 2006 festgestellt, dass die Filmindustrie um Los Angeles nach der regionalen Ölraffinerie der zweitgrösste Umweltverschmutzer ist.

Keine Plastikbecher auf dem Dreh

Der Energie- und Ressourcenverbrauch für Technik, Reisen, Requisiten und Catering ist gross. An der ZHDK habe man diesbezüglich Massnahmen getroffen, erzählt Sabine Boss: «Keine Plastikbecher auf dem Dreh, wir drucken keine Drehbücher aus, bilden Fahrgemeinschaften oder nutzen ÖV, und wir essen immer mehr vegetarisch.»

Auch Hamburg unternimmt nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera etwas. Seit 2012 haben alle Abschlussfilme das Zertifikat «Grüner Drehpass», ein Nachweis dafür, dass grüne Standards bei der Produktion eingehalten wurden.

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