«Nein zum Krieg» hat jemand mit Edding auf ein paar Rubelstücke geschrieben. Auch das hier: «In Russland steigen die Preise. In der Ukraine sterben Menschen. Schweig nicht.» Die Idee, Geld mit Botschaften gegen den Krieg zu versehen, haben derzeit anscheinend mehrere Menschen in Russland.
Das zeigen Fotos in den sozialen Netzwerken. Zu sehen sind dort auch Rubelscheine, auf die per Stempel gedruckt wurde: «Das Herz schmerzt von der Spezialoperation, bei der Kinder sterben.»
Putin und die Propaganda
«Militärische Spezialoperation»: Das ist der offizielle Begriff in Russland für das, was gerade in der Ukraine passiert. Schon wer das Wort «Krieg» benutzt, kann bestraft werden – mit bis zu 15 Jahren Haft.
Dasselbe gilt für alle, die vermeintliche «Falschinformationen» über den Ukraine-Krieg verbreiten, also kritisch darüber berichten. Für ein entsprechendes Gesetz stimmte das russische Parlament Anfang März, also nur wenige Tage nach Beginn des Einmarschs. Präsident Wladimir Putin unterzeichnete es noch am selben Abend und setzte es so in Kraft.
Kleingedrucktes in Kasan
Seither ist es für Menschen in Russland noch gefährlicher geworden, ihre Stimme gegen den Krieg und die allgegenwärtige Propaganda zu erheben. Viele versuchen deshalb jetzt, mit möglichst wenig Risiko möglichst viel zu erreichen.
In Kasan, einer Stadt im Südwesten Russlands, veränderten Aktivistinnen und Aktivisten die Preisschilder in Supermärkten und versahen sie mit kleingedruckten Informationen wie dieser hier: «Mein Uropa hat nicht vier Jahre lang im Grossen Vaterländischen Krieg [Anmerkung der Redaktion: So wird in Russland der Zweite Weltkrieg genannt] gekämpft, damit Russland ein faschistischer Staat wird und die Ukraine überfällt.»
Die Farbe des Widerstands
Aktionen wie diese dürften auch Menschen erreichen, die eher unpolitisch sind oder den Krieg in der Ukraine sogar unterstützen. Seit Beginn des Krieges sind die Preise in Russland stark gestiegen, russische Bürger dürften den Preisschildern im Supermarkt also noch mehr Beachtung schenken als sonst.
Andere protestieren, indem sie sich selbst besonders kleiden . So spazierten vor allem Frauen in den letzten Tagen und Wochen komplett in Schwarz gekleidet durch russische Städte, dabei hielten sie eine weisse Rose in der Hand.
Zu solchen kleinen Zeichen des Protests ruft unter anderem die Gruppe «Feminist Anti-War Resistance» (FAR) auf, die von der russischen politischen Aktivistin Daria Serenko nach Beginn des Krieges ins Leben gerufen wurde.
Wachsam bleiben
Der Telegram-Kanal der Gruppe hat mittlerweile 29'000 Abonnenten. Darauf teilen Aktivistinnen aus dem ganzen Land ihre kreativen Protestaktionen: Sticker, Mahnmale, Outfits, Zeichnungen. FAR gibt auf dem Kanal Tipps zur aktuellen Rechtslage, um den Protest so ungefährlich wie möglich zu machen.
Doch das sei gar nicht so einfach, weil sich die Lage jederzeit ändern könne, erzählt Daria Serenko gegenüber The Moscow Times : Vor zwei Wochen sei es noch möglich gewesen, in Schwarz und mit weisser Rose zu demonstrieren. Heute werde man auch dafür verhaftet.