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Neue Statistik Der Mitgliederschwund bei den Schweizer Kirchen geht weiter

Die Schweizer Landeskirchen verlieren kontinuierlich an Mitgliedern. Zwar ist die grosse Austrittswelle nach der Missbrauchsstudie überstanden, doch der Trend zeigt abwärts. Das heisst: Die Kirchen müssen sich neu erfinden. Religionsredaktorin Nicole Freudiger erklärt die Zahlen der neuen Kirchenstatistik.

Nicole Freudiger

Religionsredaktorin

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Nicole Freudiger ist Religionsredaktorin bei SRF Kultur. Zuvor war sie Redaktorin beim Regionaljournal Zürich Schaffhausen.

2023 verliessen Zehntausende die römisch-katholische und die reformierte Kirche. Wie sehen die Zahlen für 2024 aus?

Die Welle flacht ab, der Trend hält aber an: Aus der römisch-katholischen Kirche sind letztes Jahr 36'782 Personen ausgetreten – 46 Prozent weniger als im Vorjahr (2023). Aus der Reformierten waren es 23'561 und damit 18 Prozent weniger als im «annus horribilis» 2023. Aber: Die Austrittszahlen sind höher als vor der Missbrauchsstudie, im Jahr 2022.

Die Landeskirchen verlieren also weiterhin jährlich Mitglieder – durch Austritte, durch Todesfälle und weil weniger neue Mitglieder nachkommen. Denn auch die kirchlichen Hochzeiten und die Taufen gehen zurück, und das seit Jahren.

So hat die römisch-katholische Kirche seit 2016 fast eine halbe Million Mitglieder verloren, die evangelisch-reformierte rund 450'000.

Wie verändert das die römisch-katholische Landeskirche?

Die katholische Kirche konnte lange von der Zuwanderung profitieren: Katholische Migrantinnen und Migranten sorgten dafür, dass die Mitgliederzahlen stabil blieben. Das ist nun nicht mehr der Fall: Auch die katholische Kirche muss sich damit abfinden, dass sie schrumpft und den Charakter einer Volkskirche verlieren wird.

Zudem wurde die katholische Kirche in den letzten Jahren durch die Zuwanderung diverser. Lebendige, aber oft etwas konservativere Missionen (Migrationskirchen) stehen eher überalterten Pfarreien gegenüber.

Was bedeutet das für den Mentalitätswandel, den die Bischöfe nach der Missbrauchsstudie angekündigt haben?

Dieser Mentalitätswandel ist weiterhin dringend nötig, das zeigt der Missbrauchsskandal. Weniger Hierarchien, eine Öffnung bei der Sexualmoral und im Umgang mit verschiedenen sexuellen Orientierungen. Gleichzeitig müssen die Schweizer Bischöfe weiterhin den Spagat üben: Sie müssen den Forderungen nach Veränderungen nachkommen und die Konservativen nicht verprellen.

Was bedeuten die neuen Zahlen für die evangelisch-reformierte Kirche?

Die evangelisch-reformierte Kirche ist schon länger damit konfrontiert, dass sie ihre Stellung als Volkskirche verliert. Denn sie konnte nie in dem Masse von der Zuwanderung profitieren, wie das die katholische Kirche tat. Und: Auch die reformierte Kirche ist stets von den Kirchenskandalen betroffen, ob sie nun in der reformierten oder katholischen Kirche stattgefunden haben.

Für beide grossen Landeskirchen gilt: Die Landeskirchen müssen sich neu erfinden – das Selbstverständnis und die Strukturen der neuen Realität anpassen. Denn sinkende Mitgliederzahlen heisst auch: weniger Geld, das Angebot schrumpft – und ist damit je nachdem weniger attraktiv. Das ist bei den Kirchen auch angekommen – nur fehlen noch Rezepte, um damit umzugehen.

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Radio SRF 1, Rendez-vous, 26.9.2025, 12:30 Uhr ; 

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