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Erste Untersuchung zur Kulturberichterstattung in der Schweiz
Aus Kontext vom 01.04.2021. Bild: Getty Images
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Neue Studie Wie die Schweizer Medien über Kultur berichten

10 Prozent aller Berichte in den Schweizer Medien gehören der Kultur, sagt eine neue Studie. Das tönt nach mehr, als es ist.

Jeder zehnte Bericht in Schweizer Zeitungen, Radio und Fernsehen dreht sich um Kultur. Dieser Anteil ist seit Jahren konstant geblieben, wie eine neue Untersuchung des Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (FÖG) zeigt.

Das heisst aber nicht, dass vielseitig über Kultur berichtet wird. «Man könnte diesen Wert auch als Scheinvielfalt bezeichnen», erklärt Daniel Vogler, Co-Autor der FÖG-Studie. Denn bei diesen zehn Prozent sind auch viele Mehrfachwertungen dabei.

Eigenständige Beiträge nehmen ab

An diesen Mehrfachwertungen sind Medienverbunde wie die TX Group und die AZ-Mediengruppe beteiligt. Sie geben mehrere Tageszeitungen mit gleichem Inhalt heraus.

Derselbe Artikel kann also etwa in der Aargauer Zeitung, im St. Galler Tagblatt und der Luzerner Zeitung erscheinen. «Die Anzahl der Kulturberichterstattung bleibt relativ konstant. Doch die eigenständigen Beiträge nehmen ab», so Daniel Vogel.

Immer weniger Rezensionen

Deutlich abgenommen haben in den vergangenen fünf Jahren auch die klassischen Rezensionen – also Berichte über Theateraufführungen oder Buchbesprechungen. Das habe mit dem Konsumverhalten zu tun, meint Daniel Vogler. Längere Beiträge würden nicht mehr gerne gelesen.

«Natürlich sind das aber auch die Beiträge, die mehr Ressourcen bedingen.» Medienhäuser müssen in Journalistinnen und Journalisten investieren, die recherchieren und Beiträge verfassen. Das ist teurer, als einfach Agenturmeldungen zu verwenden.

Heute werden deshalb nur noch halb so viele Aufführungen und Bücher besprochen als noch vor fünf Jahren.

Mehr Infos zur Studie

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Zur qualitativen Beurteilung der Kulturbeiträge wurden folgende Kriterien angesetzt:

  • Einordnend oder episodisch? Wird ein Ereignis als isolierter Event erzählt oder wird es eingeordnet in gesellschaftliche oder diskursive Zusammenhänge?
  • Die Einbettung in Zusammenhänge wird durch bestimmte Beitragsformate befördert, die ebenfalls statistisch erfasst sind: Reportagen, Interviews, Leitartikel, Kommentare.
  • Redaktionelle Eigenleistung oder Weitergabe von Agenturmeldungen?
    Wie stark setzt die Berichterstattung auf Emotionen und Personen? Oder bleibt sie eher sachlich?
  • Bezugsraum: Regional, national oder international?

Gefährliche Entwicklung

Zugenommen hat dafür bekanntlich der Trend hin zu Online-Medien. Viele Medienhäuser würden sich davon erhoffen, möglichst viele neue Leserinnen oder Hörer zu erreichen.
«Unsere Studie zu den Kulturplattformen zeigt aber, dass diese Plattformen in der Regel nur ein Nischenpublikum, also ein kulturell interessiertes Publikum, ansprechen.»

Das breite Publikum, das beim Durchblättern von Zeitungen über einen Kulturteil stolpert und hängenbleibt, erreichen die Online-Medien nicht mehr. Mit der Zeit stellt sich die Frage, ob sich Medienhäuser noch eine teure und vertiefte Berichterstattung zur Kultur leisten wollen. «Eine gefährliche Entwicklung», meint Daniel Vogler.

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Kulturjournalismus – wie kann er sich behaupten
aus Kontext vom 01.11.2020. Bild: Colourbox
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Mainstream-Medien sind wichtig

Gerade die journalistischen Medien, die viele Leute erreichen, sind wichtig, um die Bevölkerung für Kultur und Themen und Prozesse in der Kulturbranche zu sensibilisieren.

Das habe auch die Coronakrise gezeigt, betont Daniel Vogler: «Eine Interpretation unserer Befunde ist: Journalistische Medien, die ein breites Publikum erreichen, sind wichtig. Auch wenn die Qualität der Kulturbeiträge vielleicht nicht am höchsten ist.»

Sendung: SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 01.04.2021, 17:06 Uhr;

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