Jeder zehnte Bericht in Schweizer Zeitungen, Radio und Fernsehen dreht sich um Kultur. Dieser Anteil ist seit Jahren konstant geblieben, wie eine neue Untersuchung des Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (FÖG) zeigt.
Das heisst aber nicht, dass vielseitig über Kultur berichtet wird. «Man könnte diesen Wert auch als Scheinvielfalt bezeichnen», erklärt Daniel Vogler, Co-Autor der FÖG-Studie. Denn bei diesen zehn Prozent sind auch viele Mehrfachwertungen dabei.
Eigenständige Beiträge nehmen ab
An diesen Mehrfachwertungen sind Medienverbunde wie die TX Group und die AZ-Mediengruppe beteiligt. Sie geben mehrere Tageszeitungen mit gleichem Inhalt heraus.
Derselbe Artikel kann also etwa in der Aargauer Zeitung, im St. Galler Tagblatt und der Luzerner Zeitung erscheinen. «Die Anzahl der Kulturberichterstattung bleibt relativ konstant. Doch die eigenständigen Beiträge nehmen ab», so Daniel Vogel.
Immer weniger Rezensionen
Deutlich abgenommen haben in den vergangenen fünf Jahren auch die klassischen Rezensionen – also Berichte über Theateraufführungen oder Buchbesprechungen. Das habe mit dem Konsumverhalten zu tun, meint Daniel Vogler. Längere Beiträge würden nicht mehr gerne gelesen.
«Natürlich sind das aber auch die Beiträge, die mehr Ressourcen bedingen.» Medienhäuser müssen in Journalistinnen und Journalisten investieren, die recherchieren und Beiträge verfassen. Das ist teurer, als einfach Agenturmeldungen zu verwenden.
Heute werden deshalb nur noch halb so viele Aufführungen und Bücher besprochen als noch vor fünf Jahren.
Gefährliche Entwicklung
Zugenommen hat dafür bekanntlich der Trend hin zu Online-Medien. Viele Medienhäuser würden sich davon erhoffen, möglichst viele neue Leserinnen oder Hörer zu erreichen.
«Unsere Studie zu den Kulturplattformen zeigt aber, dass diese Plattformen in der Regel nur ein Nischenpublikum, also ein kulturell interessiertes Publikum, ansprechen.»
Das breite Publikum, das beim Durchblättern von Zeitungen über einen Kulturteil stolpert und hängenbleibt, erreichen die Online-Medien nicht mehr. Mit der Zeit stellt sich die Frage, ob sich Medienhäuser noch eine teure und vertiefte Berichterstattung zur Kultur leisten wollen. «Eine gefährliche Entwicklung», meint Daniel Vogler.
Mainstream-Medien sind wichtig
Gerade die journalistischen Medien, die viele Leute erreichen, sind wichtig, um die Bevölkerung für Kultur und Themen und Prozesse in der Kulturbranche zu sensibilisieren.
Das habe auch die Coronakrise gezeigt, betont Daniel Vogler: «Eine Interpretation unserer Befunde ist: Journalistische Medien, die ein breites Publikum erreichen, sind wichtig. Auch wenn die Qualität der Kulturbeiträge vielleicht nicht am höchsten ist.»