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Vater des nordirischen Friedens ist tot
Aus Rendez-vous vom 03.08.2020. Bild: Keystone
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Nobelpreisträger John Hume Der Vater des nordirischen Friedens ist gestorben

Der Friedensnobelpreisträger John Hume ist im Alter von 83 Jahren verstorben. Er war der geistige Vater und ein unermüdlicher Vorkämpfer des Friedens in Nordirland.

In den Fussstapfen von Mahatma Gandhi und Martin Luther King hat sich John Hume zeitlebens geweigert, gewaltsame Methoden zur Lösung politischer Probleme zu billigen – geschweige denn zu empfehlen.

Das war eine Geisteshaltung, die in Nordirland lange Zeit wenig populär war. Hume und seine politischen Weggefährten liessen sich nicht beirren, auch wenn die Strassen brodelten und paramilitärische Verbände einfache, blutige Auswege anboten.

Unermüdlicher Einsatz

John Hume, ursprünglich ein Lehrer, wusste, dass komplexe Einsichten unermüdlich wiederholt werden müssen. Genau das tat er, nicht selten bis zur Ermüdung.

Hume überzeugte einflussreiche Politiker in Washington, Dublin und – in geringerem Ausmass – Brüssel, dass Nordirland kein hoffnungsloser Fall war. Das Friedensabkommen vom Karfreitag 1998 war sein Kind, obwohl er die eigentliche Verhandlungsführung weitgehend anderen überliess.

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Aus dem Archiv: Friedensnobelpreis für Nordirland
Aus Tagesschau vom 16.10.1998.
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Der junge Hume gründete die erste Genossenschaftsbank im heimatlichen Derry, einer Stadt, die zwar mehrheitlich katholisch war, aber aufgrund von schäbigen Tricks protestantisch verwaltet wurde.

Er war ein Bürgerrechtler der ersten Stunde, inspiriert von Vorbildern in den amerikanischen Südstaaten, beflügelt von der Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich.

Bald wurde er zur Stimme jener, die gegen die systematische Diskriminierung der katholischen Minderheit in Nordirland argumentierten. Auf dieser Grundlage gründete er 1970 die Social Democratic and Labour Party.

Dialog mit Sinn Féin

In den späten Achtzigerjahren setzte er diese Partei aufs Spiel, als er gegen erhebliche Widerstände einen sporadischen Dialog mit dem politischen Flügel der Irisch-Republikanischen Armee Sinn Féin knüpfte. Die Republik Irland und die Regierung von US-Präsident Bill Clinton kamen an Bord – der Rest ist Geschichte.

Drei Personen in festlicher Kleidung gehen über eine Brücke
Legende: John Hume (Mitte) mit seiner Frau Pat und dem ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton 2014 in Londonderry. Keystone / PETER MORRISON

Seither hat Sinn Féin Humes Partei weit überflügelt, die schrillsten Stimmen dämpften die gemässigten Kräfte auf beiden Seiten des konfessionellen Grabens.

Mit dem Erfolg der Extremisten an der Urne kam auch ein Rutsch von den politischen Rändern in die Mitte: Humes Botschaft, wenn auch nicht sein Vehikel, triumphierte schliesslich.

Humes Botschaft

Diese Botschaft bleibt sein Vermächtnis: Auch in Konfliktsituationen können friedfertige, demokratische Methoden langfristig Früchte tragen.

Hume hat massgeblich dazu beigetragen, dass die Bombenleger und Heckenschützen der IRA einen politischen Ausweg erkennen konnten, eine Lösung, die ihren gewalttätigen Methoden versagt geblieben war.

Sendung: Radio SRF 4 News, Nachrichten, 3.8.20, 11:00 Uhr

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