Zum Inhalt springen

Papst-Predigt in Genf Der Papst gibt sich überraschend unkonkret

In seiner Predigt in Genf stimmte Papst Franziskus ein Loblied auf die Ökumene an – Probleme deutete er nur an.

Kurz nach 10 Uhr heute Morgen betrat Papst Franziskus Schweizer Boden. Bundespräsident Alain Berset begrüsste den Papst noch auf dem Rollfeld des Genfer Flughafens.

Unter den Händeschüttlern war auch der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch. Dass der Papst den Ökumenischen Rat der Kirchen besucht, wird als Kochs Verdienst gewertet – er hat den Besuch miteingefädelt.

Locher ohne Bling-Bling

Auch Gottfried Locher, eben erst wiedergewählter Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes, war auf dem Rollfeld. Mit Spannung wurde erwartet, was Locher tragen würde – ihm werden Sympathien für katholischen Bling-Bling nachgesagt. Doch Locher verzichtete auf sein Hugenottenkreuz. Denn Reformierte halten sich nicht mit Äusserlichkeiten auf.

In seiner späteren Predigt vor dem Ökumenischen Rat der Kirchen wählte Franziskus das Motiv des Unterwegs-Seins: Sich gemeinsam auf den Weg zu machen, dieses Bild trifft auf die ökumenische Bewegung zu: Sie feiert dieses Jahr den 70. Geburtstag des Weltkirchenrats.

Ökumene als Auftrag des Evangeliums

«Wenn wir Christen uns zusammen auf den Weg machen, dann ist das keine Strategie, um uns mehr Gewicht zu verleihen. Sondern ein Akt des Gehorsams gegenüber dem Herrn und der Liebe zur Welt», sagte Franziskus.

Auf den Strassen der Welt herrscht eine grosse Gleichgültigkeit
Autor: Papst Franziskus

Es gehe also nicht um ein optimierendes Bündeln von Ressourcen, sondern um ein Leben im Geiste des Evangeliums. «Lasst uns den Vater bitten, energischer den Weg des Heiligen Geistes zu gehen. Möge der Glaube uns orientieren, denn in Jesus sind die Mauern der Trennung bereits besiegt und alle Feindseligkeiten überwunden», sagte Franziskus.

Keine konkreten Versprechen

Bereits im Vorfeld wurden die Erwartungen gedämpft, Papst Franziskus könne mit einem ökumenischen Gastgeschenk nach Genf kommen, etwa in einer Zusage im Abendmahlstreit.

Von seinen eigenen Instinkten getrieben, wird der Mensch vom rasenden Konsumismus versklavt.
Autor: Papst Franziskus

Dafür deutete er die aktuelle Flüchtlingskrise an – allerdings ungewohnt verklausuliert für Franziskus, der gerne Klartext spricht: «Wir haben die Folgen der tragischen Reise vor uns: Der Mensch verliert seine Reisegefährten aus den Augen, auf den Strassen der Welt herrscht eine grosse Gleichgültigkeit.»

Kritik an Konsum-Kultur

Schon öfter kritisierte der Papst den oberflächlichen Konsum-Rausch. Auch in Genf prangerte er diesen an. «Von seinen eigenen Instinkten getrieben, wird der Mensch vom rasenden Konsumismus versklavt: Dann wird der Anblick Gottes erstickt.» Vor allem Kinder und ältere Menschen hätten in so einer Welt das Nachsehen.

Konkret wurde Papst Franziskus in seiner Predigt nicht. Aber es ist ja auch kein Arbeitstreffen, sondern ein Geburtstagsbesuch bei den Vertreterinnen und Vertretern der Weltkirche. Wer wollte die Stimmung da durch problematische Details trüben.

Religion in Genf

Box aufklappen Box zuklappen

In der einstigen Calvinisten-Hauptstadt Genf haben sich die konfessionellen Verhältnisse schon länger verschoben: Aus dem einstigen Drehkreuz des Calvinismus und dem Zufluchtsort für verfolgte Hugenotten ist eine weitgehend säkulare Stadt geworden.

Die Religionslosen führen die Statistik in Genf an. Danach folgen die römisch-katholischen Christen. Erst abgeschlagen kommen die Reformierten. Diese rollen trotzdem gerne den roten Teppich aus für Papst Franziskus und freuen sich über den Glanz, der dadurch auf die Ökumene strahlt.

Meistgelesene Artikel