Das Wichtigste in Kürze:
- Die Frühkultur der Nasca hat in der peruanischen Wüste gigantische Tierbilder zurückgelassen.
- Da die Nasca keine schriftlichen Zeugnisse hinterliessen, gibt es viele Spekulationen über die Bodenzeichnungen und die Kultur der Nasca.
- Das Museum Rietberg in Zürich sucht in einer Ausstellung zur Nasca-Kultur nach Antworten.
In einer trockenen Hochebenen im Südwesten Perus finden sich riesige Bodenzeichnungen – die Nasca-Linien. Sie zeigen abstrahierte Tiere wie Hund, Affe, Kolibri oder geometrische Muster.
Diese Geoglyphen, wie solche in den Boden gescharrten Figuren genannt werden, gehören zu den grossen frühgeschichtlichen Sehenswürdigkeiten der Welt.
Touristische Unternehmen bieten Rundflüge über die Scharrbilder an, die bis zu zwei Kilometer umfassen können.
Doch so populär die in den 1920er-Jahren entdeckten Geoglyphen als Fotomotive sind, so rätselhaft sind sie bis heute: Welche Bedeutung hatten die Bodenzeichnungen der Nasca? Wie lebten die Menschen, die sie angefertigt haben?
Ideales Klima
Gefunden wurden Schüsseln und Schalen der Nasca, Keramikflaschen und -trommeln und reich gemusterten Baumwollgewebe in Gräbern, die sich in den Hochebenen zwischen den wasserreichen Tälern und den Bergen fanden. Im extrem trockenen Klima dieser Hochebenen wurden die Keramiken und Textilien ideal konserviert.
Die informative und sehr stimmungsvoll gestaltete Ausstellung im Museum Rietberg präsentiert Kulturzeugnissen der Nasca aus peruanischen Sammlungen, die erstmals in dieser Fülle in Europa zu sehen sind. Und sie führt die Besucherinnen und Besucher in eine faszinierende und geheimnisvolle Welt.
Die Quellen des Lebens
Die Bemalungen der Keramiken verweisen auf Glaubenvorstellungen und Lebensweisen der Nasca. Häufig finden sich bildliche Wiedergaben bäuerlicher Arbeit sowie Darstellungen von Tieren, die wahrscheinlich mythische Bedeutung hatten.
Interessant ist ein besonderer Typus von Keramikgefäss, bei dem eine bauchige Form von einem Kopf gekrönt wird, der mit einem Gesicht bemalt ist. Aus dem Mund fliesst meist ein breiter Strom. Archäologen vermuten, dass es sich bei diesen Gefäss-Figuren um symbolische Darstellungen der Flüsse handelt, die in den Bergen entspringen und an deren fruchtbaren Ufern die Nasca lebten.
Sitz der Götter
Das lebenspendende Wasser kam aus den Bergen. Archäologen vermuten, dass die Nasca in den Anden nicht nur die Quellen ihrer Flüsse verorteten, sondern auch den Ursprung des Lebens und den Sitz göttlicher Mächte.
Die Bodenzeichnungen, angelegt in den wüstenartigen Hochebenen zwischen den Bergen und den fruchtbaren Tälern, hatten vermutlich rituelle Bedeutung. Zum Anschauen waren die ausgedehnten Geoglyphen zu gross.
Rituelles Abschreiten
Forscher wie Peter Fux, Kurator am Museum Rietberg, vermuten: «Die Geoglyphen wurden rituell abgeschritten.» Die Bodenzeichnungen waren Verbindungswege zu einer spirituellen Welt.
Vermutlich haben die Nasca beim Abschreiten musiziert und Opfergaben gebracht und sich mit Mescalin auf die andere Welt eingestimmt. Wie sich die Nasca dabei gefühlt haben könnten, das veranschaulichen Drohnenaufnahmen der Geoglyphen und 3-D-Animationen, die das Gefühl vermitteln, als schwebe man zwischen den kargen Hochebenen und den hohen Gipfeln der Anden.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 24.11.2017, 17:15 Uhr