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Philosophen über Freundschaft Ist Freundschaft der Schlüssel zu einem guten Leben?

Wer keine Freunde hat, der hat auch kein gutes Leben. Davon waren die antiken Philosophen überzeugt. Doch worin liegt der Wert der Freundschaft? Die deutsche Philosophin Ina Schmidt ist überzeugt: Freunde machen uns zu besseren Menschen.

Gute Freunde helfen uns dabei, moralisch besser zu werden, uns mit der Welt und uns selbst anzufreunden. Das schreibt die deutsche Philosophin Ina Schmidt in ihrem Buch «Auf die Freundschaft».

Diese Idee geht zurück auf Aristoteles, der die Freundschaft höher gewichtete als die Gerechtigkeit. Denn «unter Freunden bedarf es der Gerechtigkeit nicht», wie er schreibt.

Der Freund, ein Seelenverwandter?

Aristoteles unterscheidet drei Arten der Freundschaft: die Freundschaft des Nutzens, der Lust und der Tugend. In der Tugendfreundschaft sieht er die höchste Form der Freundschaft, da in ihr jeder das Beste für den Anderen möchte.

Durch dieses gegenseitige Wohlwollen können beide moralisch wachsen. Zudem findet jeder im Anderen einen Gleichgesinnten, eine Art von Spiegel, ja gar einen Seelenverwandten.

Der Freund, ein Geheimnis?

Der Soziologe Georg Simmel hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts jedoch darauf hingewiesen, dass wir mit Freunden immer nur einzelne Seiten unserer Person teilen: bestimmte Interessen, Tätigkeiten oder Gesprächsthemen.

Selbst der beste Freund bleibe im Kern immer ein Geheimnis. Simmel spricht deshalb von einer «differenzierten Freundschaft».

Ziemlich beste Freunde

Gleichwohl findet Ina Schmidt, Freunde hätten ganz grundlegende Gemeinsamkeiten, eine «gemeinsame Art, die Welt zu sehen» oder ein «gemeinsames Grundverständnis dessen, was das Gute ausmacht».

Als Beispiel nennt sie den Erfolgsfilm «Ziemlich beste Freunde». Darin haben der adlige Tetraplegiker Philippe und der kleinkriminelle Algerier Driss aus den Banlieues auf den ersten Blick so gar keine Gemeinsamkeiten.

Doch unter der Oberfläche sei eine Ähnlichkeit festzustellen: Beide leben an Rändern der Gesellschaft. Zudem gleicht sich ihr Blick auf die Welt im Laufe der Zeit an. Und schliesslich sei da der gemeinsame Humor, von dem der österreichische Philosoph Ludwig Wittgenstein sagte, er sei «keine Stimmung, sondern eine Weltanschauung».

EIn junger, schwarzer Mann steht lachend hinten auf den fahrenden Rollstuhl eines älteren, weissen MAnnes, der ebenfalls lacht.
Legende: Der gemeinsame Humor ist stärker als die äusserlichen Unterschiede: Szene aus «Ziemlich beste Freunde». Frenetic

Mein bester Freund: ich selbst

Ina Schmidt betont noch einen weiteren Aspekt der Freundschaft, der bereits für den römischen Philosophen Seneca von zentraler Bedeutung war: die Freundschaft mit sich selbst.

Für eine solche Selbstfreundschaft braucht es Wohlwollen, Verständnis, Ehrlichkeit und Verantwortung – und zwar sich selbst gegenüber. Diese Selbstfreundschaft sei zugleich die Grundlage jeder anderen Freundschaft, meint Ina Schmidt: «Wenn ich mich selbst nicht leiden kann, wie kann ich dann jemandes Freund sein?»

Buchhinweis

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Ina Schmidt: «Auf die Freundschaft. Eine philosophische Begegnung oder was Menschen zu Freunden macht». Ludwig Verlag, 2014 (vergriffen).

Zudem helfe uns die Selbstfreundschaft, das kränkende Gefühl der Einsamkeit zu überwinden. Denn wer mit sich selbst befreundet sei, lebe in ständiger Begleitung eines guten Freundes.

Das alles bedingt jedoch, dass wir uns Zeit nehmen, Zeit für uns selbst und für unsere Freunde. Das sei heute zwar schwieriger, aber auch wichtiger geworden, denn immer mehr Menschen finden: Freunde sind die bessere Familie.

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