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Philosophie der Macht Macht ist am mächtigsten, wenn sie sich anfühlt wie Freiheit

Es geht immer um Macht. Vor allem dann, wenn wir sie nicht wahrnehmen.

Mächtige Personen tendieren zu Selbstüberschätzung und Rücksichtslosigkeit. Das zeigen neuere psychologische Studien.

Wo Macht ist, lauert der Missbrauch. In der katholischen Kirche ebenso wie in der FIFA, im Büro ebenso wie zuhause in der Familie. Wie also können wir uns vor Machtmissbrauch schützen?

Das sei gar nicht so einfach, meint Martin Saar, Professor für Sozialphilosophie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Saar ist einer der führenden Experten, wenn es um Macht geht.

Martin Saar

Professor für Sozialphilosophie

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Martin Saar hat in Berlin und New York Philosophie, Psychologie und Volkswirtschaftslehre studiert. Seit 2016 ist er Professor für Sozialphilosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Sein Buch «Die Immanenz der Macht. Politische Theorie nach Spinoza» ist 2013 im Suhrkamp Verlag Berlin erschienen.

Macht durchdringe unsere gesamte Gesellschaft und lasse sich nur schwer lokalisieren. Jede Macht brauche nämlich die Anerkennung derer, über die sie ausgeübt wird.

Macht ist für Saar die Möglichkeit, etwas zu bewirken – egal mit welchen Mitteln: ob mit Gewalt, Geld, Rhetorik oder Vernunft. In dieser Optik übt selbst derjenige Mensch Macht aus, der sein Gegenüber mit guten Gründen dazu bringt, anders zu denken und zu handeln. Ja, selbst derjenige, der ein Liebesgeständnis macht.

Moral als Instrument der Macht

Der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche vermutete gar, der «Wille zu Macht» sei die Triebfeder allen menschlichen Handelns. Selbst die Moral sei eine Erfindung der Schwachen, ein Machtinstrument, um nicht von den Starken unterdrückt zu werden.

Dieser entlarvende Blick Nietzsches helfe uns, so Saar, nicht zu vergessen, dass hinter hehren Idealen wie der Gerechtigkeit handfeste Interessen stecken können. Moral steht immer im Verdacht, ein blosser Vorwand zu sein, etwa für geopolitische oder wirtschaftliche Interessen.

Macht und Politik gehören zusammen

Auch Politiker suchen immer die Macht. Für alt Bundesrat Moritz Leuenberger ist das eine Selbstverständlichkeit: Selbst wenn Politiker bescheiden auftreten und eigene Machtambitionen leugnen würden, sei dies oft nur eine kluge Strategie, um die eigene Macht zu erhalten oder zu mehren.

Machtausübung kann also sehr subtil geschehen. Und vieles spricht dafür, dass die Macht gerade dann am effektivsten ist, wenn wir sie nicht spüren. Dann, wenn sie sich nicht wie Zwang anfühlt, sondern wie Freiheit.

Macht wirkt oft unbemerkt

Diese Einsicht verdanken wir dem französischen Philosophen Michel Foucault. Für ihn ist die Macht ein feinmaschiges Netz, in das wir alle verstrickt sind. Sie dringt so tief in unser Denken, Fühlen und Wollen ein, dass wir sie oft gar nicht mehr bemerken.

So treibt uns etwa das kapitalistische Machtgefüge der Gegenwart dazu, dass wir uns permanent optimieren, unsere Körper vermessen und persönliche Daten bedenkenlos hergeben. Freiwillig.

Weder gut noch böse

Die Allgegenwart der Macht zeigt, dass sie selbst weder gut noch böse ist, sondern immer ambivalent: Einerseits sei sie die Voraussetzung von Freiheit und Selbstentfaltung, andererseits die Grundlage von Herrschaft und Missbrauch, meint Saar.

Letztlich macht die Dosis das Gift. Geballte Macht tendiert zum Missbrauch. Machtdiffusion aber führt zu Handlungsunfähigkeit. Es gilt also, die richtige Balance zu finden.

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