Betritt man die kleine Konditorei «Pasticceria 5 Lune» in Rom, fallen zwei Dinge sofort auf: Vanille liegt in der Luft und schmeichelt der Nase. Und in der Ecke des kleinen Ladens der Christbaum aus Plastik, der farbenfroh blinkt.
Der Vanilleduft stammt vom Panettone-Teig. Den hat Konditor Claudio Anzuini schon frühmorgens gemischt geknetet und für mehrere Stunden aufgehen lassen.
Leichte, luftige Kalorienbombe
Anzuini verwendet eine natürliche Hefe. Eine, die den Teig in die Höhe treibt, damit sich der Panettone richtig auftürmt und schön luftig wird.
Diese Hefe, die berühmte «Lievito Madre», ist eine Kostbarkeit. Auch nach der Weihnachtszeit, wenn niemand mehr Panettone will, muss man diese Hefe hegen und pflegen: Heisst: Sie jeden zweiten Tag mit Mehl und Wasser füttern, um sie so für nächste Weihnachten am Leben zu halten.
Das aber ist nicht das einzige Geheimnis. Ausserdem: Man darf nur beste Zutaten verwenden. Viel Butter etwa. Panettone wirkt leicht, weil er luftig ist, in Tat und Wahrheit ist er eine Kalorienbombe. Neben Vanille gehören auch Rosinen und kandierte Früchte dazu. Auch hier nur beste Qualität.
Das sind Zutaten, die eigentlich jeder kaufen kann. Und trotzdem wird Panettone kaum je zu Hause gebacken.
Es braucht einen speziellen Ofen. Nur so gehe der Panettone richtig auf, sagt Anzuini, der einer Zuckerbäckerdynastie entstammt. Seit über 100 Jahren produziert und verkauft die Familie nahe der berühmten Piazza Navona Süsses.
In diesen Tagen müsse man den Panettone vorbestellen. Denn kurz vor Weihnachten wollten alle nur dieses eine Gebäck. Eine Tradition, die in Rom allerdings noch gar nicht so alt ist.
Der Panettone stammt aus Mailand
Der Panettone kommt aus Mailand. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg hat das norditalienische Gebäck weiter südlich erobert. Und heute, in den Tagen der wiederkehrenden Shutdowns, ist der Panettone ein beliebter Tröster. Ein gutes Geschäft für den Konditor, der aber trotzdem klagt.
«Es sind viel weniger Leute unterwegs und vor allem null Touristen. Zum Glück liegt gleich ums Eck der Senat, die kleine italienische Parlamentskammer», erzählt Claudio Anzuni.
Der Appetit der Senatoren auf Süsses sei geblieben. Immerhin das, meint Anzuini verschmitzt in seiner duftend warmen Backstube.