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Korrespondentin Sacha Verna über Hudson Yards
Aus Kultur-Aktualität vom 13.03.2019. Bild: Imago / Zuma Press
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Prestigeviertel in New York Gedacht für alle – gemacht für Reiche

In New York eröffnet das Quartier Hudson Yards – ein Gebäudekomplex aus einem guten Dutzend Wolkenkratzern in Manhattans Westen. Visionär – aber unheimlich elitär.

Über ein Dutzend neue Gebäude, eines höher und glänzender als das andere. Parks und Vergnügungspavillons. Ein unabhängiges Stromnetz, das die Restaurants, Geschäfte und Büros, die Schulen und das Krankenhaus, die Fitnessclubs und Spas versorgt. Ausserdem eine spezielle Müllabfuhr, die die 28 Hektar am Ufer des Hudson River für Bewohner und Besucher sauber hält.

Die Hudson Yards an der Westseite von Midtown Manhattan bilden ein Viertel, das den Rest von New York City eigentlich nicht braucht.

Erhöhter Mikrokosmos

Mehr noch: Sollten die Halbinsel und ihre Umgebung infolge des Klimawandels überflutet werden, wird dieser autarke Mikrokosmos unbeschädigt bleiben. In weiser Voraussicht hat man Hudson Yards auf eine erhöhte Plattform gebaut. Manche feiern es als urbanes Zukunftsmodell.

Ein Viertel mit Hochhäusern in New York.
Legende: New Yorks neues Glanzstück für 25 Milliarden Dollar: die Hudson Yards. Reuters / Mike Segar

Die Kosten dieses Mammutprojekts: 25 Milliarden Dollar. Der Preis der günstigsten Wohnung: 5 Millionen Dollar.

Diversität endet in der Luxusmeile

Schon ab 25 Dollar sind hingegen Tickets für den Veranstaltungsmarathon zu haben, mit dem demnächst The Shed eröffnet wird: das eigene Kulturzentrum der Hudson Yards. Hier bieten afroamerikanische Künstlerinnen und Künstler während fünf Tagen ein Spektakel unter der Ägide des Oscar-gekrönten Regisseurs Steve McQueen.

Touristen stehen zwischen modernen Bauten und Hochhäusern.
Legende: Die Wahrzeichen im Herz der Hudson Yards: das Kulturzentrum «The Shed» (links vorne) und die Treppen-Skulptur «The Vessel» (im Hintergrund). Imago / Levine-Roberts

Das signalisiert: Die 190'000 Quadratmeter dieses interdisziplinären Kulturtempels sind wie das teure Pflaster darum herum der Inklusivität und der Diversität verpflichtet.

Dieses Bekenntnis erweist sich spätestens bei Dior und Cartier in der Ladenpassage der Hudson Yards oder angesichts der Kleiderordnung in einem der Gourmetlokale freilich als Heuchelei.

Vergünstigte Steuern, verlängerte Subway

Die New Yorker haben auf dieses Shangri-La für Gutbetuchte bisher weder besonders enthusiastisch noch besonders empört reagiert. Dabei sind sie es, die dafür bezahlen. Die Stadt hat den Bauunternehmern nämlich Steuernachlässe in Milliardenhöhe garantiert. Ebenso Firmen wie Time Warner, die in dort ihr Hauptquartier aufschlagen.

Ein Mann steht auf einer bronzefarbenen Treppe.
Legende: Wer gehört hier her, wer nicht? Die Antwort überlässt New York den privaten Bauherren. Reuters / Mike Segar

Sogar eine Subway-Linie wurde für 2.4 Milliarden Dollar verlängert. Sie fährt nun direkt unter die schillernden Wolkenkratzer.

Die Behörden betonen, wie viele Stellen die Hudson Yards geschaffen haben und noch schaffen werden. Die Unternehmer preisen die Grünanlagen und das erwähnte Kulturzentrum als Orte, die allen Einwohnern New Yorks zugute kämen.

Eine Klasse bleibt unter sich

Die Neugier wird anfangs viele Durchschnittsbürger in die Hudson Yard bringen. Sie werden sehen, was entsteht, wenn der Städtebau Privatunternehmen überlassen und als Geschäft betrieben wird.

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Stacheldraht, Gated Communities, Grenzen
aus Kontext vom 07.08.2017. Bild: Imago/ZUMA Press
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Sie werden sich fragen, was geschieht, wenn CEOs statt einer gewählten Regierung das Aussehen und Funktionieren ganzer Stadtteile bestimmen – und damit auch, wer dort lebt und wer nicht. Den New Yorkern fehlte jegliches Mitspracherecht bei diesem Projekt.

In den Vereinigten Staaten hat die Klassentrennung ein attraktiveres Gesicht als die Rassentrennung. Die Hudson Yards werden zeigen, wie lange das Make-up hält.

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