Iran ist in Aufruhr. Seit knapp drei Monaten gehen die Menschen auf die Strasse und fordern die Revolution. Sie riskieren dabei ihr Leben.
In den sozialen Medien kann man die Ereignisse in Echtzeit verfolgen. Den Überblick zu behalten, ist eine Herausforderung. Genau da setzt der Podcast «Das IRAN Update» an. Die Dokumentarfilmerin Sahar Eslah und die Journalistin, Ärztin und Politikwissenschaftlerin Gilda Sahebi ordnen ein und analysieren.
Oft ist Regimesprech drin
Ihren Podcast gibt es seit gut einem Monat. Auslöser war der Wunsch, eine vertiefte und regelmässige Berichterstattung über die revolutionären Proteste in Iran zu bieten. «Leider landet in den Leitmedien auch immer wieder Regimepropaganda. Dem wollen wir etwas entgegenhalten», so Sahar Eslah.
Die beiden Macherinnen Sahar Eslah und Gilda Sahebi sind deutsch-iranischstämmig. Sie haben direkte Kontakte im Land und ein tiefes Verständnis für die Mechanismen eines totalitären Regimes. Das alles helfe bei der Recherche.
Aufgebauschte Meldung zur Sittenpolizei
Als Beispiel für Regimepropaganda in den Medien nennt Sahar Eslah die Nachricht, dass Iran die Sittenpolizei abschaffen will. Eine Ankündigung, die es prompt in praktisch alle Medien geschafft hat. Häufig ohne Einordnung. «Ich habe sofort meine Mutter angerufen. Sie meinte nur: ‹Als ob!›. Wir können schneller einschätzen, was Propaganda ist und was nicht – aus Erfahrung und weil wir einen sprachlichen Bonus haben», so Eslah.
Die Sittenpolizei gibt es erst seit 2005. «Davor lebten die Menschen in Iran auch nicht in Freiheit.» Zudem sei es auch keine Revolution gegen die Sittenpolizei, sondern gegen das gesamte Regime. «Es ist eine Alibiübung des Regimes. Trotzdem landet die Ankündigung in den westlichen Schlagzeilen. Das spielt letztlich den Mullahs in die Hände.»
Freilassung als Theaterspiel
Ein weiteres Beispiel sei, wenn das Regime medienwirksam prominente Gefangene aus der Haft entlässt und dies im Westen für Schlagzeilen sorgt. Gilda Sahebi bezeichnet dies in einer Podcastfolge als Theaterspiel: «Es ist PR-Strategie. Das Regime will sich als menschlich inszenieren. Dieses Theaterspielen für den Westen hat 43 Jahre lang funktioniert.» Sahar Eslah ergänzt: «Gleichzeitig sind 18'000 Menschen im Zusammenhang mit den Protesten inhaftiert. Das macht viel weniger Schlagzeilen.»
Man sieht, was autoritäre, diktatorische Regimes machen. Sie fucken Menschen ab. Und zwar hinten und vorne, rechts und links.
«Das IRAN Update» ist eine Mischung aus Expertinnengespräch mit kenntnisreicher Analyse, Fachwissen und persönlicher Betroffenheit. Da kann die Analyse auch mal undiplomatisch ausfallen. «Man sieht, was autoritäre, diktatorische Regimes machen. Sie fucken Menschen ab. Und zwar hinten und vorne, rechts und links», so Gilda Sahebi in einer Folge.
Lage in Iran überschattet alles
Sahar Eslah sagt, ihnen beiden gehe es zurzeit wie vielen Menschen aus der iranischen Diaspora. Die Proteste haben sie aus ihrem deutschen Alltag herauskatapultiert. «Die Ereignisse in Iran überschatten alles – natürlich auch aus persönlicher Betroffenheit.» Sie habe sich noch nie so «iranisch» gefühlt. «Wenn ich gefragt werde, wie es mir gehe, bin ich nicht mehr in der Lage zu sagen ‹gut›. Ich sage nur: ‹Ja, halt Iran.›»
Aus dieser Betroffenheit ist ihr Podcast entstanden und aus dem Wunsch nach einem tieferen Verständnis der Ereignisse in Iran. «Diese Revolution braucht Öffentlichkeit. Wir müssen alles sichtbar und hörbar machen, was gerade in Iran passiert.»