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Rabattschlacht am Singles’ Day Vom Aufstand der Alleinstehenden zum Kommerz-Knüller

Der 11. November lässt weltweit die Kassen klingeln. Auch in der Schweiz ist der Singles’ Day angekommen. Seinen Anfang nahm er ganz harmlos mit vier frustrierten Studenten.

Der November ist nicht die schönste Zeit fürs Single-Dasein: Der Sommer ist definitiv durch, die Finsternis ab 17 Uhr weckt nicht gerade Datinglaune und der Glühwein im Freundeskreis ist auch noch nicht in Sicht. Da kommt der «Singles Day» gerade recht.

Ein Tag, um sich selbst zu feiern und zu beschenken. Das zumindest versprechen die Werbemails im E-Mail-Postfach. Rabatte zum Singles’ Day – die passendsten Geschenke sind doch noch immer die an sich selbst.

Konsumwelle der Superlative

Es erstaunt nicht, dass der Singles’ Day sich seit Jahren als neue Shopping-Gelegenheit auftut, vor allem in China. Tatsächlich ist das, was hierzulande ankommt, noch harmlos im Vergleich mit der Konsumwelle, die jedes Jahr am 11. November über China schwappt.

Die E-Kommerz-Giganten Taobao (von Alibaba) und JD knacken fast jährlich neue Rekorde. JD etwa mit knapp 50 Milliarden US-Dollar 2021 – an einem Tag.

Alibaba schmeisst eigens eine Show, in der die Verkaufszahlen live gezeigt werden und auch internationale Stars, auftreten, 2019 etwa Taylor Swift.

Aber woher kommt der Singles’ Day eigentlich?

Vier Äste trumpfen auf

Der Tag der Singles entstand im China der 90er-Jahre. Vier Studenten lagen 1993 auf ihren Wohnheim-Stockbetten, assen Instantnudeln, tranken Bier und beschwerten sich darüber, dass sich keine Frau für sie interessierte. Sie nannten sich selbst «kahle Äste», guanggun, eine negative Bezeichnung für alleinstehende Männer.

Die vier beschlossen, den 11.11. als Tag der Singles (auf Chinesisch «guanggun jie») zu feiern. Nicht nur besteht das Datum aus lauter Einsen, es erinnert auch optisch an vier dürre Zweige.

Ob die Geschichte nun stimmt oder nicht: Die selbstironische Campustradition begann sich durchzusetzen. Nicht zuletzt, weil das Single-Dasein in China oft negativ behaftet ist und der Druck von der Familie in den Zwanzigern stetig steigt, einen Ehepartner oder eine Ehepartnerin zu finden.

Den Single-Status wegfeiern

Bald begannen Chinesinnen und Chinesen, sich mit Freunden zu treffen und selbst zu feiern, oder aber ihren Single-Status zu überwinden. Der Singles’ Day wurde beliebt für Liebesgeständnisse und -Anträge, für Speed-Dating-Veranstaltungen und Hochzeitstermine.

Junges chinesisches Paar hält Hände zu Herz zusammen, beide halten rotes Dokumentbüchlein
Legende: Der Singles’ Day ist ein beliebter Hochzeitstermin, so auch für dieses junge Paar. Getty Images/Future Publishing

Sogar seinen eigenen Snack erhielt er: vier «Youtiao», also vier frittierte Teigstangen, genau wie die vier Einsen im 11. November.

Ab den 2000er-Jahren wurde der Tag dann von der E-Kommerz-Industrie dankbar aufgenommen. Seither lässt er die Kassen klingeln. Schliesslich liegt der 11. November auch praktisch gelegen, in der saisonalen Konsumschlappe vor dem chinesischen Neujahrsfest – oder bei uns: Weihnachten.

Radio SRF 2 Kultur, 100 Sekunden Wissen, 11.11.2022, 06:54 Uhr.

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