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Rapper Curse «Ich möchte nicht konstant glücklich sein»

Manchmal muss man aufhören, auch wenn man sich auf dem Höhepunkt der eigenen Karriere befindet. So jedenfalls hat es der Rapper Curse gemacht – und dabei den Buddhismus für sich entdeckt. Mit nachhaltiger Wirkung.

Er war einer der Grössten des deutschen Hip-Hop-Kosmos und wurde oft als Philosoph unter den Rappern bezeichnet. Doch als Curse - mit bürgerlichem Namen Michael Kurth - auf dem Zenit seiner musikalischen Karriere stand, beschloss er, dieser ein Ende zu setzen. Er reiste nach Indien in einen Aschram und begann zu meditieren. Und dies, obwohl er schon als 10-Jähriger davon träumte, Rapper zu sein.

Damals hätte er erkannt, dass man nicht automatisch glücklich wird, nur weil man lebt, wovon man immer träumte. «Wir glauben immer, dass man zum Glücklichsein nur diesem einen Traum nachjagen müsse.» Auf ihn jedenfalls traf dies nicht zu, im Gegenteil.

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Curse mit seinem Debut-Album «Feuerwasser» bei Mona Vetsch (Archiv)
Aus Oops! vom 24.03.2000.
abspielen. Laufzeit 20 Minuten 39 Sekunden.

Radikale Veränderungen

Andere Dinge in seinem Leben seien beim Jagen seines Traumes auf der Strecke geblieben. Zu sehr habe er sich um die Kunstfigur Curse gekümmert, zu wenig um sich selbst. «Ist das einzige, was in meinem Leben wichtig ist, erfolgreich zu sein?», fragte er sich.

Irgendetwas musste sich ändern, er wusste bloss nicht was. Zweimal begann er eine Psychotherapie, beendete eine langjährige Beziehung, löste sich aus Businessverträgen und zog aus der grossen Wohnung aus.

Erleuchtung in Indien

Aber als sich um ihn herum alles geändert hatte und er immer noch unglücklich war, verstand er, dass das Problem und die Lösung nur in ihm selbst liegen könne. «All diese Dinge habe ich gemacht, weil ich ultimativ Schiss hatte, an den Kern zu gehen und auf mich selbst zu schauen.»

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Curse – Der meditierende Rapper
Aus Sternstunde Religion vom 03.07.2022.
abspielen. Laufzeit 29 Minuten 17 Sekunden.

Es war ein Prozess, der mehrere Monate dauerte und zunächst im Aschram-Aufenthalt in Poone, Indien resultierte. Fast zufällig sei er dort gelandet, erzählt er rückblickend. Auf dieser Reise verstand er, dass er sein starres Selbstbild aufbrechen und die Idee vom coolen, selbstbeherrschten Rapper ablegen muss. Dabei hat ihm unter anderem die Meditation geholfen.

Vom Rapper zum «Zufallsbuddhist»

Heute ist Michael Kurth Buddhist, systemischer Coach, Yogalehrer sowie zweifacher Bestseller-Autor. Zudem betreibt er einen erfolgreichen Podcast rund um das Thema Achtsamkeit.

«Eigentlich bin ich Zufallsbuddhist», bekennt er. Während einer Therapie lernte er durch seinen Therapeuten Meditation kennen. «Ich dachte immer, meditieren kann ich, wenn ich 80 bin.» Dann aber fand er ausgerechnet darin eine Möglichkeit der Selbsterforschung und der Beobachtung von inneren Vorgängen. «Das habe ich zuvor nirgendwo entdeckt», so der vormalige Christ.

«Mir wurde etwas in die Hand gegeben, wovon ich nicht wusste, dass es das gibt.» Durch die Meditation erhielt er eine Ruhe, die er nie zuvor erlebt hatte. Normalerweise sei der Geist wie eine Wasserflasche, in der sich Sand befindet: ein heilloses Durcheinander von herumwirbelnden Sandkörnern. Wenn sie ruhig steht, setzen sich die Sandkörner aber. Genau diesen Effekt habe die Meditation auf seinen Geist gehabt.

Die Krisen wurden weniger

Nicht zuletzt das wird ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass er vier Jahre nach seinem Rücktritt sein Comeback feiern konnte. Die Meditation habe auch seine Art Musik zu machen verändert, erzählt Curse.

«Ein grosser Unterschied ist, dass ich früher meine Musik dafür verantwortlich gemacht habe, mich glücklich zu machen. Heute möchte ich gar nicht konstant glücklich sein.» Inzwischen mache er Musik mit mehr Freude und Entspannung. Und seit er meditiere, habe er weniger kreative Krisen.

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Achtsamkeit und Meditation: Die Allheilmittel?
Aus Kulturplatz vom 22.12.2021.
abspielen. Laufzeit 28 Minuten 29 Sekunden.

Ohne Religion und Esoterik

Deshalb liegt es ihm auch am Herzen, die buddhistischen Methoden weiterzugeben. Etwa in seinem «Bad Meditators Club», einem Online-Workshop für Meditation. Dieser funktioniere ganz ohne Religion und Esoterik. Denn die Religionszugehörigkeit sei für die erfolgreiche Ausübung dieser Praktiken vorerst völlig sekundär.

«Menschen Methoden zu vermitteln, um in ihrem Alltag ruhiger und klarer zu werden, halte ich für ein Geschenk der buddhistischen Tradition. Ich glaube nicht, dass es dafür die Voraussetzung braucht, Buddhist zu sein.»

SRF 1, Sternstunde Religion, 03.07.2022, 10 Uhr;

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