Erstmals ist Astronominnen und Astronomen eine Aufnahme vom Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstrasse gelungen . Das Foto begeistert Astrophysikerinnen und Normalsterbliche.
Warum lösen Bilder so grosse Gefühle aus, obwohl wir doch längst gelernt haben sollten, ihnen zu misstrauen? Der Fotoexperte Peter Pfrunder über die Faszination, das Unsichtbare zu visualisieren.
SRF: Das Ding auf dem Foto ist schwer zu erkennen. Manche sprechen von einem orangefarbenen Donut. Was sehen Sie?
Peter Pfrunder: Ich sehe ein konturloses Gebilde, das an den Rändern verläuft. Es erinnert an ein Auge oder ein Tier. Auf alle Fälle ist es etwas schwer Fassbares.
Finden Sie es schön?
Auf mich wirkt es eher unheimlich. Wichtig ist, dass dieses Bild ohne Kontext nicht verständlich ist. Ohne Untertitel mit dem Hinweis: «Das ist ein Schwarzes Loch» wären Betrachtende hilflos.
Wir glauben Bildern. Auch wenn wir gleichzeitig gelernt haben, Bildern zu misstrauen.
Für Nicht-Astrophysikerinnen und -physiker ist das Foto also nicht der Beweis dafür, dass es Schwarze Löcher gibt. Wir brauchen Kontextinfo?
Interessant ist, dass die Wissenschaftler die Existenz dieser Schwarzen Löcher bereits kannten. Die Erkenntnis an sich ist nicht neu. Trotzdem ist das Bild eine Sensation. Das hat damit zu tun, dass es intuitiv lesbar ist, es erzeugt Emotionen. Plötzlich ist etwas sichtbar, das vorher nicht gesehen werden konnte. Das ist eine neue Ebene der Erkenntnis.
Fotos haben als Beweise doch längst ausgedient, weil wir wissen, wie leicht sie zu manipulieren sind. Dennoch erhöht dieses Bild die Glaubwürdigkeit der Schwarzen Löcher.
Das ist ein Widerspruch, den wir ganz selbstverständlich aushalten. Wir glauben Bildern. Auch wenn wir gleichzeitig gelernt haben, Bildern zu misstrauen, weil sie zum Teil auch Fakes sind.
Es ist ein alter Traum der Fotografie, Dinge sichtbar zu machen, die man von Auge nicht sehen kann.
Es ist ja auch in diesem Fall so, dass das Bild nicht einfach die Realität abbildet. Kein Mensch wird dieses Phänomen jemals so sehen können. Es ist immer eine Übertragung, eine Konstruktion, ein Modell. Trotzdem helfen Bilder, Prozesse zu verstehen oder Erkenntnisse zu vertiefen, eben intuitiv anzunehmen.
Dieses Bild entstand durch die Überlagerung mehrerer Fotos. Das löst auch ein metaphysisches Gruseln aus: Wir sehen etwas, das eigentlich gar nicht zu sehen ist.
Es ist ein alter Traum der Fotografie, Dinge sichtbar zu machen, die man von Auge nicht sehen kann. Denken Sie an Bilder von mikroskopisch kleinen Phänomenen, die sind ja auch nicht wirklich sichtbar.
Es sind Visualisierungen von Dingen, die wir intuitiv schon wissen, und ein Wiedererkennen von etwas, das man schon erahnt hat. Und plötzlich gibt’s davon ein Bild. Das ist natürlich schon ungeheuer.
Das Gespräch führte Ellinor Landmann.