Das Wichtigste in Kürze:
- Präsident Macron hat ambitionierte Ziele für Frankreichs Kulturpolitik: Mehr Demokratie und Zugang für alle, vor allem für Jugendliche.
- Trotz Sparmassnahmen bleibe der Kulturetat gleich, sagt das Kulturministerium.
- Die Regierung hält sich bedeckt, wie die Reformen in der Kulturpolitik genau aussehen und finanziert werden sollen.
Eine Vernissage im staatlichen Pariser Kunst- und Kulturzentrum Centquatre: Christoph Girard, stellvertretender Bürgermeister von Paris, greift zum Mikrophon und bedankt sich bei den Künstlern und Organisatoren der Ausstellung.
Magere Zeiten
Dann gibt ihnen der Politiker, der lange für das Kulturressort der Hauptstadt zuständig war, einen dringenden Rat. Sie sollen wachsam bleiben, sagt er, und die Kultur verteidigen: «Sie darf nicht zur politischen Variablen werden.»
Durchhalteparolen für die Künstler und Kulturschaffende, die sich im Frankreich der leeren Kassen über Wasser halten müssen. Seit Jahren klagen sie über schmerzhafte und existenzbedrohende Kürzungen der staatlichen Mittel. Der Sparkurs des Ex-Banker Emmanuel Macron bedeutet neue Einschnitte, fürchten viele.
Rüde Methoden und mangelnde Transparenz
Kürzlich hat eine Enthüllung der Presse das Misstrauen gegen den wirtschaftsliberalen Staatschef noch vertieft. Journalisten hatten herausgefunden, dass die Regierung eine gründliche Reform der öffentlich-rechtlichen Medien plant, um die Staatskasse zu entlasten. Ausgebrütet wurde das Vorhaben in Hinterzimmern und unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Die Kultur sei von der Sparpolitik nicht betroffen, beschwichtigt das Kulturministerium. Staatspräsident Macron halte sich an sein grosszügiges Wahlversprechen: die Kultur demokratisieren, sie allen Franzosen zugänglich machen.
Besonders Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Schichten werden von der neuen Kulturpolitik profitieren, versichert Macrons Kulturministerin Françoise Nyssen.
Kinder und Jugendliche auf den Geschmack bringen
Bereits beschlossen ist ein Kulturpass für alle 18-Jährigen im Wert von 500 Euro. Was genau mit diesem einmaligen Kulturgutschein bezahlt werden kann, scheint noch nicht geklärt.
Und: Emmanuel Marcron will mehr Kunst und Kultur in Frankreichs Schulen. Mehr Kunsterziehung, Theatergruppen, Schulorchester und Chöre sollen soziale und auch geographische Nachteile der Schüler wettmachen. Zusätzlich sollen die staatlichen Bibliotheken künftig auch sonntags geöffnet sein.
Im Centquatre, das inmitten eines Brennpunktviertels im Pariser Norden steht, wird das «Kultur für alle»-Konzept bereits seit einigen Jahren erfolgreich erprobt.
Direktor José-Manuel Gonçalvès hat den vielfältigen Ort zu einer wichtigen Adresse der zeitgenössischen Pariser Kunst- und Kulturszene gemacht.
«Wir sollten Macron eine Chance geben»
Den bisweilen zu exklusiven Kulturbetrieb ein wenig aufzurütteln, hält Gonçalvès grundsätzlich für eine gute Sache. «Mir machen neue Initiativen keine Angst, sie sind unverzichtbar», sagt er.
Die Kultur zu demokratisieren sei ein ehrgeiziges und schwieriges Projekt. Macron verdiene eine Chance, seine kulturpolitischen Ambitionen unter Beweis zu stellen.
Kommt die Umverteilung?
Wie jedoch die kostspieligen Programme finanziert werden sollen, ohne den Kulturetat zu erhöhen, ist unklar. Das Kulturministerium gibt nur vage Auskünfte.
Das schürt die Angst vor einer Umverteilung der knappen Kulturmittel. Ob sie in offenen Widerstand der Kunst- und Kulturszene umschlägt, wird sich in den kommenden Monaten herausstellen.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 14.12.2017, 08:20 Uhr.