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Indonesischer Islam «Religiöse Toleranz ist ein besonderes Merkmal von Indonesien»

In Indonesien ist religiöser Pluralismus Staatsräson. Auch in der Schweiz leben Indonesier einen liberalen Islam.

Mit mehr als 200 Millionen Muslimen ist Indonesien das bevölkerungsreichste muslimische Land der Welt. Der Islam ist aber nicht Staatsreligion. Vielmehr basiert die Republik Indonesien seit ihrer Unabhängigkeit 1945 ideologisch auf der «Pancasila», den sogenannten fünf Prinzipien der Verfassung.

Männer sitzen auf Teppichen rund um einen Imam, der in ein Mikrofon spricht
Legende: Der Imam der indonesischen Gemeinde predigt einen moderaten Islam SRF

Die Pancasila schreibt den Glauben an einen nicht näher spezifizierten Gott in der Verfassung fest. Das Prinzip der «All-Einen göttlichen Herrschaft» erlaubt es den Bürgern, den Lehren von Islam, Christentum, Buddhismus, Konfuzianismus oder Hinduismus zu folgen.

Vielvölkerstaat auf 17'000 Inseln

Der Staat gewichtet diese Religionen gleich und darf sich nicht in die internen Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften einmischen. Die Staatsideologie Pancasila dient als wichtiges politisches Instrument, um den gesellschaftlichen Frieden und die nationale Einheit des Vielvölkerstaates zu gewähren.

Denn das Land ist von kultureller Vielfalt geprägt. Hunderte von Völkern leben auf über 17'000 Inseln und sprechen mehr als 250 Regionalsprachen. Indonesien gilt als Musterbeispiel für die Vereinbarkeit von Demokratie und Islam.

Dieser begann sich im 15. und 16. Jahrhundert entlang den Handelsrouten in Südostasien auszubreiten. Als die Portugiesen und später die Holländer als Kolonialmächte über die Region herrschten, wurde der Islam zur antikolonialen Kraft der Einwohner.

Fundamentalisten auf dem Vormarsch

Zwar dominiert seit mehreren hundert Jahren in Indonesien ein moderater Islam. Hier und da aber machen sich Minderheitenpositionen bemerkbar, die auf einen streng islamisch geprägten Staat hinarbeiten.

«Klar gibt es immer wieder Menschen, die religiöse Konflikte anzetteln», kontert Nanda Muhammad, Software-Inegnieur und Präsident von «Percikan Iman», einer Gemeinschaft südostasiatischer Muslime in der Schweiz. «Aber die 72-jährige Geschichte von Indonesien zeigt: Solche Positionen haben sich nie lange halten können.»

Portrait von Nanda Muhammad
Legende: Nanda Muhammad ist sicher: Die Tradition der religiösen Toleranz wird sich gegenüber Fundamentalisten behaupten. SRF

Der 36-Jährige ist muslimischer Indonesier und lebt seit sechs Jahren in der Schweiz. Der kleine Verein «Percikan Iman» zählt rund 250 Mitglieder aus Indonesien, Malaysia und Singapur und finanziert sich durch Mitgliederbeiträge.

Diversität und Dialog

Entscheidend für den Zusammenhalt seines Heimatlandes ist für Nanda Muhammad der Austausch zwischen den Religionsgruppen. In Indonesien werde bereits in den Schulen offen über Religion diskutiert. Zudem gelten die heiligen Tage aller fünf anerkannten Religionsgemeinschaften als landesweite Feiertage.

«Religiöse Toleranz ist ein besonderes Merkmal von Indonesien», sagt Muhammad. Zu seinem Freundeskreis zählen seit seiner Kindheit Christen, Hindus und Buddhisten.

Gesellschaft im Wandel

Und es sei ein Hauptprinzip des Islam, andere Religionen zu tolerieren, fügt Muhammad an. Er beobachtet, dass sich die religiöse Praxis von Muslimen in Indonesien über die Jahre verändert hat.

Muslimische Frauen sitzen in einem Garten auf bunten Tüchern
Legende: Indonesierinnen einer Schweizer Gemeinde feiern das muslimische Opferfest SRF

Der Islam würde mehr in den Alltag integriert, sagt Muhammad. «Dank islamischen Lehrern, auch aus dem Ausland, verstehen die Menschen die Religion heute besser».

Liberale Gemeinschaft in der Schweiz

«Für uns ist der Verein wie unsere erweiterte Familie», so der Vater zweier Söhne, dessen Verwandte alle in Indonesien leben. Auch im Verein spiele die religiöse Toleranz eine wichtige Rolle.

«Unser Imam erklärt Standpunkte anderer Religionsgelehrter. Was die Mitglieder aber dann glauben, das überlässt er ihnen»

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