Man sieht Layla Alfakhaji das Leid nicht an, das sie erfahren hat. Elegant sitzt sie auf dem Sofa, das grün gemusterte Kopftuch passend zur dunklen Abaya, dem muslimischen Ganzkörpergewand.
Elf Jahre lang sass sie unter Diktator Saddam Hussein im Gefängnis, wurde gefoltert, musste mit ansehen, wie 25 ihrer Mitgefangen ermordet wurden. Ihr Verbrechen: Sie wollte nicht Saddam Husseins Baath Partei beitreten.
Flucht nach Kanada
Nach dem zweiten Golfkrieg musste Saddam Hussein unter dem Druck der internationalen Gemeinschaft politische Häftlinge entlassen. Layla Alfakhaji war eine von ihnen.
Sie konnte nach Kanada fliehen – mit Hilfe ihrer Familie. «Sie hat mich stets unterstützt. Obwohl sture, freimütige Frauen wie ich in unserer Gemeinschaft eigentlich nicht gern gesehen sind.»
Frauen sichtbar machen
Nach dem Sturz Saddam Husseins kehrte sie in den Irak zurück, hat sich in ihrer schiitischen Gemeinschaft Respekt verschafft und wurde zweimal ins Parlament gewählt.
Nun kandidiert sie wieder – dieses Mal für eine interreligiöse Partei. Eine Partei, die eine Frauenquote kennt. «Wenn wir Frauen nicht angemessen vertreten sind, dann werden wir auch nicht gehört!»
Frauen sichtbar machen: Das ist eines der Ziele von Layla Alkhafaji. Sie teilt es mit vielen der Frauen, die sich diese Woche in Lindau am Bodensee zur Vollversammlung der Organisation «Religions for Peace» getroffen haben.
«Frauen müssen von Opfern zu aktiven Agentinnen des Wandels werden», sagt die tunesische Parlamentarierin Méhrezia Labidi-Maiza. Die Religion spiele dabei eine zentrale Rolle.
Ein muslimischer Tag gegen Gewalt
«Viele der Probleme – Konflikte, Gewalt gegen Frauen – sind global. Also muss auch die Lösung global sein», ergänzt die Irakerin Layla Alkhafaji. «Im Islam etwa gibt es Frauenrechte. Doch was ist mit jenen, die sie nicht kennen?»
Die Schiitin will einflussreichen Persönlichkeiten ihrer Religion in die Pflicht nehmen. «Sie müssen das Wissen über die Frauenrechte verbreiten», findet Layla Alkafaji. Und will dafür zum Beispiel einen muslimischen Tag gegen die Gewalt an Frauen einführen.
Fakt ist allerdings, dass Frauen in der Welt der Religionen noch immer wenig zu sagen haben. Das will die Organisation «religions for peace» ändern. An einem Extratag haben sich Frauen aus der ganzen Welt getroffen, die sich in ihren Gesellschaften und Religionsgemeinschaften für Frieden und gegen Gewalt einsetzen.
Sie haben ihr Netzwerk ausgebaut, gemeinsam an Lösungen gearbeitet und neuen Schwung geholt für die Arbeit in ihren Heimatländern. Denn sie sind sich einig: Es muss sich noch viel tun, bis religiöse Frauen sich in allen Religionen und Gemeinschaften durchsetzen – so im Namen der Religion gegen Gewalt kämpfen können.