Wie alle anderen christlichen Kirchen feiert auch die russisch-orthodoxe Kirche Weihnachten am 25. Dezember. Da sich diese aber nach dem östlichen, dem julianischen Kalender richtet, fällt Weihnachten auf den 7. Januar.
Diese Verschiebung um 13 Tage ergab sich, als 1582 mit der Kalenderreform der westliche, der gregorianische Kalender eingeführt worden ist.
Eine Krypta in einer lutherischen Kirche
Und so wird seit mehr als 400 Jahren die russisch-orthodoxe Weihnacht im Januar gefeiert, auch dieses Jahr in Bern.
Die Krypta der russisch-orthodoxen Gemeinde befindet sich seit über 70 Jahren in einem Gewölbe unter der lutherischen Kirche in der Berner Altstadt. Die Wände des Gewölbekellers an der Postgasse sind geschmückt mit Ikonen.
Kerzen und Öllampen brennen. In der Luft liegt der Duft von Weihrauch. Der Altar, vorne im Raum, steht hinter einer mit Ikonen gesäumten Ikonostase.
Eine Woche im Gebet
Ioan Ciurin ist Priester der russisch-orthodoxen Kirche Bern. Er zelebriert die stimmungsvolle Weihnachtsfeier. «Dass ich in der Schweiz gelandet bin, ähnelt einem Mysterium», sagt Ioan Ciurin.
Eigentlich wollte der ausgebildete russisch-orthodoxe Priester in Deutschland weiter Theologie studieren. Doch dann erhielt er ein Angebot für ein Stipendium in der Schweiz.
«Erst lehnte ich ab», erinnert sich Ciurin. Ein anderer Priester empfahl ihm, sich das Ganze in Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen. So zog sich Ciurin für eine Woche ins Gebet zurück. Und danach war klar, er würde das Stipendium an der Universität Freiburg annehmen.
«Ein Treffen mit Gott»
So kam Ciurin in die Schweiz. Vor fünf Jahren wurde ihm in der Krypta der russisch-orthodoxen Gemeinde in Bern die Priesterweihe verliehen. Seit Beginn sei es für Ciurin ein wichtiges Anliegen gewesen, ein liturgisches Leben aufzubauen.
«Die Liturgie am Sonntag ist für uns Orthodoxe wie ein Treffen mit Gott. Und ohne Gott können wir nicht leben», sagt der verheiratete Priester. Heute zählt die Gemeinde rund 100 Mitglieder. 60 bis 80 kämen regelmässig zum Gottesdienst.
Gottesdienst und Gemeindeleben
Dreimal die Woche feiert hier Priester Ciurin mit seiner Gemeinde Gottesdienst. Jeweils am Mittwoch- und Samstagabend, sowie am Sonntagmorgen führt der gebürtige Moldawier auf Slawisch und auf Deutsch durch die mehrstündige Liturgie. Ein fünfstimmiger Chor begleitet ihn. Die Menschen beten im Stehen.
Als Priester leitet Ciurin nicht nur die Gottesdienste, sondern organisiert auch sonstige Aktivitäten der Gemeinde. Einmal im Jahr gehen sie auf eine Pilgerreise. 2017 besuchte die Gemeinde Sankt Petersburg. Zwei Mal pro Jahr findet ein Kirchgemeindekonzert statt.
«Wir haben so viele talentierte Menschen, die ihre Talente bei der Arbeit nicht ausleben können», sagt Ciurin, der sechs Sprachen spricht. Deshalb sollen sie hier die Möglichkeit dazu erhalten.
Das Essen danach
Das Zusammensein von den Gemeindemitgliedern hat für Ciurin generell eine wichtige Bedeutung. So laden sich Familien und Freunde etwa nach dem Weihnachtsgottesdienst gegenseitig zum Essen ein.
Dieses Fest zu Hause ist wie eine verlängerte Liturgie, die den Geist der Freude weiter in die Gesellschaft hinein trage, sagt Ciurin.
Sendung: SRF 1, Bilder zum Feiertag, 10.1.2018, 22:20 Uhr