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Gesellschaft & Religion Schweizer spenden gerne – aber auf konventionelle Weise

Vor allem in der Vorweihnachtszeit appellieren Hilfswerke an unser Mitgefühl und fordern zum Spenden auf. Diesem Ruf kommen viele Schweizerinnen und Schweizer nach. Sie spenden vor allem auf konventionellem Weg – im Web geschieht aber wenig. Das könnte auch ganz anders sein.

Der Advent ist die Zeit des Spendens. Und die Schweizerinnen und Schweizer spenden gerne. Im letzten Jahr waren das laut der Zewo-Spendenstatistik im Schnitt rund 210 Schweizer Franken pro Kopf.

Erstaunlich: Nur 0,4 Prozent der ganzen Einnahmen kamen über neue Kanäle zu den Hilfswerken. Der grosse Teil der Spenderinnen und Spender bevorzugte traditionelle Kanäle wie die Post- oder Banküberweisung. Dass man also wie bei Crowdfunding-Plattformen direkt auf der Website einzahlte oder zumindest per SMS spendete, geschah äusserst selten. Das Angebot war zudem klein: Nur ein Fünftel der Organisationen mit Zewo-Siegel boten die neueren Zahlungsmöglichkeiten überhaupt an.

«Ice Bucket Challenge»

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Ziel der Aktion war es, auf die Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose aufmerksam zu machen. Über soziale Netzwerke wurde man aufgefordert, sich einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf zu giessen, und andere Personen zu nominieren, es ihnen gleich zu tun sowie 10 Dollar zu spenden. Das alles wurde auf Video aufgenommen und weiterverbreitet.

Goodies und Events

Wie viel Potenzial darin stecken würde, auch die sozialen Netzwerken für Spendezwecke zu nützen, zeigt ein Beispiel aus den USA: Die «Ice Bucket Challenge» wurde über soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook extrem erfolgreich verbreitet. Für die amerikanische ALS-Organisation bedeutete diese Aktion eine enorme Steigerung der Spende-Beträge: Während im Vorjahr 2,1 Millionen US-Dollar gespendet wurden, hat die Organisation zwischen dem 29. Juli und dem 24. September dieses Jahres 115 Millionen US-Dollar an Spenden erhalten.

Spenden muss also nicht ausschliesslich ethisch oder religiös motiviert sein. Georg von Schnurbein, Professor am Basler Center for Philanthropy Studies und Experte für Stiftungen und Spenden, sagt: «Es wird nicht nur gespendet, um Gutes zu tun. Sondern immer häufiger ist ein Event-Charakter damit verbunden: Es gibt irgendetwas für einen selbst zu tun, sei es eine Art Mutprobe oder, dass man sich ein Lied wünschen darf. Solche Aktionen können viel schneller eine globale Wirkung entfalten.»

Spenden ist eine Frage des Alters

Eine Internet-Aktion wie die «Ice Bucket Challenge» kann also eine grosse und vor allem globale Wirkung haben. Können sich Schweizer Organisationen daneben überhaupt behaupten? Es sei in jedem Fall eine neue Herausforderung, sagt Georg von Schnurbein. Aber: Gute Ansätze gibt es auch in der Schweiz. Ein Videoclip von Pro Infirmis von letztem Jahr wurde millionenfach angeklickt. Auch für die Möglichkeit, ohne grosse Umwege direkt auf der Website spenden zu können, gibt es gute Beispiele, etwa das Rote Kreuz.

Dass man in der Schweiz noch nicht so viel Geld über direktes Online-Fundraising sammelt, hat auch mit folgendem Fakt zu tun: Zwar spenden die Schweizerinnen und Schweizer viel, von den zwischen 15- und 19-Jährigen sind es aber nur knapp 20 Prozent. Bei den Menschen im Alter von über 60 hingegen spenden über 80 Prozent – eine Altersgruppe, die sich gut auf traditionellem Weg ansprechen lässt.

Obwohl man in der Schweiz vor allem noch über konventionelle Kanäle spendet: Auch für die Hilfswerke sei das Internet eine wichtige Kommunikations-Plattform geworden, sagt Georg von Schnurbein. Kein Wunder. Schliesslich sollte man sich die neue Spender-Generation nicht entgehen lassen.

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