Russian Roulette Babette steht da – in Kampfmontur: Schoner für Handgelenk, Ellboge und Knie, ein Mundschutz und ein Helm.
«Mein Helm hat ein Visier. Er schützt meine Nase, seit ich sie mal gebrochen habe», erklärt Russian Roulette Babette.
Die Punkte macht der Stern
Russian Roulette Babette heisst eigentlich Danielle Zuberbühler. Im Rollerderby aber gibt man sich einen Derby-Namen. Bei diesem Sport auf Rollschuhen treten zwei Teams gegeneinander an auf einer ovalen Bahn, dem «Track».
Pro Team stehen fünf Spielerinnen auf dem Track. Vier Blockerinnen und eine Jammerin, erkennbar am Stern auf dem Helm.
Sie ist die Punktemacherin. Sie versucht, so viele Runden wie möglich zu drehen. Für jede Gegnerin, die sie dabei überholt, bekommt sie einen Punkt. Auf dem Track versuchen die Blockerinnen, ihrer eigenen Jammerin den Weg freizumachen und die Gegnerin am Durchkommen zu hindern.
Austeilen und Einstecken
Rollerderby ist ein Vollkontaktsport. Die Teams schonen sich nicht. Das Austeilen und Einstecken machen den Sport aus, sagt Zuberbühler: «Es ist einfach geil. Immer, wenn man auf dem Track ist, rauscht Adrenalin durch den Körper.»
Rollerderby ist ein spektakulärer Sport: Die Spielerinnen prallen aufeinander, es gibt wuchtige Bodychecks. Man bringt sich gegenseitig zu Fall und springt über Gegnerinnen, die bereits am Boden liegen.
Anfängerinnen müssten sich erst daran gewöhnen, dass auf dem Track ein anderer Umgangston herrscht, erinnert sich Zuberbühler: «Am Anfang entschuldigt man sich, wenn man jemandem Schmerzen zufügt. Aber es gibt den Spruch ‹There is no sorry in derby›».
Es gibt kein «Entschuldigung»: Rollerderby ist ein harter Sport. Die Spielerinnen investieren viel in Krafttrainig.
Es ist aber auch ein eleganter Sport. Immer wieder winden sich die Spielerinnen geschickt aus einem Menschenknäuel heraus. Mit hohem Tempo fahren sie spektaktuläre Runden. Der Sport ist hochstrategisch, das Regelwerk umfasst 80 Seiten.
Die Nähe zum Punk ist noch nicht tot
Rollerderby hat seine Wurzeln in der Punkszene und kommt ursprünglich aus den USA. Inzwischen hat er sich professionalisiert, damit hat auch typische Sportkleidung Einzug gehalten.
Noch immer aber finden sich ästhetische Überbleibsel aus der Punkzeit: Viele Spielerinnen sind tätowiert oder gepierct. Und noch immer ist Rollerderby ein durch und durch selbstbestimmter Sport, offen für alle Kaliber an Frauen: dick, dünn, gross und klein.
Und die Mannschaften sind von unten organisiert: «Wir haben keine Trainerstäbe wie zum Beispiel im Fussball», sagt Zuberbühler.
«Dort werden oft auch Frauenmannschaften von einem 50-jährigen Mann trainiert. Bei uns ist das nicht so.» Der Sport sei selbstbestimmt und demokratisch organisiert.
Die Familie streitet nur auf dem Track
Besonders fasziniert ist Russian Roulette Babette vom Gemeinschaftssinn, der in diesem Sport herrscht: «Ich war auf Reisen in Südafrika und habe gesehen, dass es da ein Rollerderby-Team gibt. Ich konnte bei jemandem übernachten, bin mit ins Training. Obwohl der Sport stark gewachsen ist über die Jahre, ist er immer noch sehr familiär.»
Auf dem Track geht es hart, daneben aber umso herzlicher zu und her. Rollerderby ist wild und selbstbestimmt.
Die Frage ist nur: wie lange noch? Schon heute interessiert sich ein Hersteller von Energydrinks für diesen Sport und sponsert bereits eine US-Profispielerin.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 31.1.2018, 17.20 Uhr.