Zuhause bleiben, daheim lernen und auf engstem Raum den Alltag ertragen: Das ist für Eltern wie auch für Kinder und Jugendliche nicht einfach.
Die Sorgen der Kinder und vor allem der Jugendlichen hätten sich seit dem Lockdown deutlich verschoben, stellt Thomas Brunner fest. Er leitet die Beratungen bei Pro Juventute. Die Organisation betreibt mit der Nummer 147 ein Beratungstelefon für junge Menschen.
Ist die Lehrstelle noch da?
Sorgen wie Schulstress oder Gruppendruck, die Jugendlichen unter normalen Umständen oft plagen, seien in diesen Tagen in den Hintergrund geraten, sagt Thomas Brunner: «Jugendliche rufen uns im Moment überwiegend an, um über Themen zu sprechen, die aktuell ängstigen. Etwa der Umgang mit eingeschränkter Freiheit oder auch Ängste bezüglich der eigenen Zukunft.»
Niemand wisse heute, wie lange die ausserordentliche Lage noch dauern wird, wann die Schule wieder losgeht oder ob der bereits ausgewählte Lehrbetrieb überhaupt noch Lehrlinge beschäftigen will und kann.
Veränderter Alltag
Neben solchen Ängsten, wollen sich einige Jugendliche auch ganz praktisch erkundigen, sagt Thomas Brunner. Sie fragten zum Beispiel, ob sie sich über das Essen mit dem Corona-Virus anstecken könnten, etwa über Früchte aus dem Laden.
«Oder ein jüngeres Kind hat uns kontaktiert, weil es nicht verstehen konnte, warum zuhause plötzlich andere Regeln gelten. Zum Beispiel, weshalb sein Vater jetzt täglich mit ihm joggen gehen will», erinnert sich Thomas Brunner. «Das ist eine krasse Veränderung des normalen Alltags, von dem, was normalerweise gilt.»
Junge Menschen durch Krisen begleiten
Doch eine besondere Herausforderung für die jungen Männer und Frauen, und auch für die Beraterinnen und Berater, sei das Begleiten von Krisen. Seit dem Lockdown hätten vermehrt Jugendliche die Nummer 147 gewählt, die schon vorher therapeutische Begleitung brauchten, so Thomas Brunner.
«Diese haben durch das Wegbrechen der normalen unterstützenden Strukturen einen höheren Bedarf an Begleitung.» Denn viele wissen nicht, wie und wann sie ihre Therapien wieder besuchen können.
«Wenn uns Jugendliche kontaktieren und sagen: ‹Mein nächster Termin bei meinem Therapeuten wäre erst in 7, 8, 9 Tagen und ich halte nicht so lange durch›, dann ist unsere niederschwellige Beratungsform sicher sehr geeignet, um diese Menschen in der Krise zu stabilisieren.»
Für solche Fälle seien die ausgebildeten Sozialarbeiter oder Psychologinnen aus dem Beraterteam zuständig. Sie hätten alle Erfahrung im Stabilisieren von Menschen in Krisen.
Das funktioniere auch telefonisch, betont Thomas Brunner. Die Beraterinnen hören zu und fragen: «Was funktioniert denn noch? Was könnte dir Halt geben? Was kannst du selbst tun, um dich zu stabilisieren?»
«Mach mal eine Pause»
Oft helfe schon allein ein solches Gespräch. In diesen besonderen Zeiten geben die Beraterinnen den Jugendlichen aber auch ganz spezifische Ratschläge: «Akzeptiere, dass diese Zeit sehr belastend ist. Und akzeptiere auch, dass du selber nicht viel tun kannst, ausser die Regeln zu befolgen.
Das heisst aber auch: Mach mal eine Pause. Schau nicht ständig Nachrichten. Lüfte deinen Kopf, geh raus, bewege dich. Nutze alle möglichen Kanäle, um mit Freunden in Kontakt zu bleiben.»
Auch für Eltern hat Thomas Brunner einen Rat: «Seid für einmal nicht so streng, wenn der Medienkonsum der Kinder etwas höher ist als sonst.»