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Städtebau nach Corona «Wir brauchen nicht grössere, sondern bessere Wohnungen»

Was bedeutet es für den Städtebau der Zukunft, wenn mehr Leute im Homeoffice arbeiten und online einkaufen? Werden gewisse Veränderungen bleiben, auch wenn die Krise überstanden ist?

Ja, sagt die Architektin und Städteplanerin Fabienne Hoelzel. Unsere Wohn- und Arbeitsräume müssen etwa flexibler werden – und näher zusammenrücken.

Fabienne Hoelzel

Architektin

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Die Aargauer Architektin und Stadtplanerin Fabienne Hoelzel ist Professorin für Städtebau an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart.

SRF: Werden Städte nach Corona langfristig anders aussehen?

Fabienne Hoelzel: Ja, wobei gewisse Entwicklungen bereits angelegt waren. Etwa die Mobilitätswende: Das Auto verschwindet zunehmend aus der Stadt, es braucht keine Parkflächen mehr. So werden mehr öffentliche Aufenthaltsräume geschaffen.

Auch haben die Menschen ein anderes Bewusstsein für den Umgang mit Ressourcen: Der Grünraum und das Zusammenleben werden wichtiger. Solche Entwicklungen wurden jetzt beschleunigt.

Gewisse Räume, etwa teure Bürogebäude, stehen in Zeiten von Homeoffice leer. Wie sollen sie neu genutzt werden?

Wenn man neue Quartiere baut und plant, muss man in Zukunft von dieser Funktionenteilung wegkommen. Also statt reine Büro- oder Wohnräume Mehrfachnutzungen planen. Und überlegen: Wie werden die Wegstrecken zwischen Büro und Wohnung kleiner?

Wir brauchen nicht grössere, sondern bessere Wohnungen.

Das heisst, man muss den Städtebau quasi in den Zustand vor dem Auto zurückführen: Freie Flächen begrünen, Fuss- und Fahrradwege schaffen.

Im Städtebau war lange Verdichten das Credo. Ist das nun durch Corona und Social Distancing überholt?

Verdichten heisst, mit der Ressource Boden nachhaltig umzugehen. Wir brauchen eine qualitativ hochstehende Stadtentwicklung, mit vielen Grünräumen. Das heisst aber nicht, dass wir nicht dicht wohnen können, etwa indem man in die Höhe plant.

Man lebt über mehrere Stockwerke, vielleicht auch in richtig hohen Häusern, die aber durchgrünt und mit hoher Qualität umgesetzt sind. Das bedeutet nicht, dass ich qualitativ schlechter wohne als etwa in einem Einfamilienhaus im Grünen.

In der Schweiz leben wir auf grossem Fuss, was die Wohnfläche pro Person angeht. Wenn sich nun Homeoffice etabliert: Ist diese Fläche dann gerechtfertigt?

Ich glaube, wir brauchen nicht grössere, sondern bessere Wohnungen. Entscheidend ist nicht die Anzahl Quadratmeter oder Zimmer, sondern gute Grundrisse. Aktuell gibt es zu viele zu wenig gute Wohnungen.

Das Auto spielt in Zukunft überhaupt keine Rolle mehr.

Die Räume sind künftig wohl weniger auf einen Zweck gemünzt, sondern flexibel nutzbar. Das Esszimmer kann auch ein Arbeitszimmer sein. Vielleicht findet alles in einem grossen Raum statt, oder man wechselt die Räume nach einer gewissen Zeit.

Sie befassen sich in ihren Projekten mit der Stadt der Zukunft. Was unterscheidet sie von heutigen Städten?

Wir planen komplett ohne Autos. Das Auto spielt überhaupt keine Rolle mehr, weder als stehendes noch als fahrendes Objekt. Damit können wir andere Freiräume konzipieren. Das bedingt aber, dass ich nicht erst fünf Stunden irgendwohin fahren muss, sondern dass vieles im Kleinen stattfinden kann.

Also sind die Zeiten der Pendlerströme vorbei?

Arbeiten und Wohnen wird räumlich flexibler werden: Vielleicht arbeite ich einen Tag in meiner Wohnung, zwei Tage in einem Gemeinschaftsbüro, der in fünf Minuten mit dem Fahrrad zu erreichen ist. Und einen Tag fahre ich in eine grössere Stadt und treffe meine Mitarbeiterinnen und Kollegen, um Dinge real zu besprechen.

Es muss nicht jeder Tag gleich sein. Wir können künftig besser abstimmen, wann wir was brauchen – dank moderner Technologie und Infrastruktur. Aber auch, indem alte Technologien wie das Auto einfach verschwinden.

Das Gespräch führte Romana Costa.

Sendung: Radio SRF 4 News, News Aktualität, 5.6.2020, 10:15 Uhr ; 

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