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10'000 Tamilen in der Schweiz kommen ins Pensionsalter
Aus Kultur-Aktualität vom 14.02.2019.
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Tamilen im Pensionsalter Am Ende bleibt nicht mehr viel Geld übrig

Rund 10’000 Tamilen in der Schweiz kommen ins Pensionsalter. Was das für sie bedeutet, zeigt eine neue Studie.

Die Geschichte der Tamilinnen und Tamilen in der Schweiz beginnt vor 36 Jahren. Tausende flüchteten vor dem Bürgerkrieg in Sri Lanka. In der Schweiz angekommen, fingen viele von ihnen in der Gastronomie oder als Reinigungskraft an zu arbeiten.

Das Arbeiten im Niedriglohnsektor mache sich nun im Rentenalter bemerkbar, erklärt Luksmanan Sinnadurai. Er kam als einer der ersten Tamilen in die Schweiz.

Rückenschmerzen, Traumata

Luksmanan Sinnadurai ist einer von über 60 Tamilinnen und Tamilen, die bei der Studie «Lebenssituation und Bedürfnisse der älteren tamilischen Migrationsbevölkerung in der Schweiz» des Schweizerischen Roten Kreuzes mitgewirkt haben.

Die Ergebnisse decken sich mit seinen Beobachtungen: Nach einem arbeitsreichen Leben bleibt den Tamilinnen und Tamilen im Pensionsalter nicht mehr viel zum Leben übrig. Hinzu kommen gesundheitliche Probleme, Rückenschmerzen, nicht verarbeitete Kriegstraumata.

Schliesslich sei das Alter immer auch ein Spiegel des bisherigen Lebens, erklärt Hildegard Hungerbühler, die die Studie geleitet hat: «Migrantinnen und Migranten haben im Vergleich zum Schweizer Schnitt ein höheres Armutsrisiko im Alter, weil sie überdurchschnittlich häufig im Niedriglohnsektoren gearbeitet haben.»

Viele dachten lange ans Zurückkehren

Doch warum stehen bei der Studie ausgerechnet die Tamilen im Fokus? Weil sie eine der ersten aussereuropäischen Migrantengruppen waren. Das schweizerische Asylverfahren war damals in den 1980er-Jahren noch nicht so ausgereift wie heute. Politische Verfolgung wurde nicht anerkannt.

Schwarz-Weiss-Aufnahme: Tamilische Männer lehnen sich gegen an einen Zaun.
Legende: Tamilische Flüchtlinge in der Schweiz 1987. imago/ZUMA/Keystone

Hildegard Hungerbühler sagt: «Sie wurden als Wirtschaftsflüchtlinge eingestuft und hatten über die ersten Jahre hinweg sie einen ungeregelten Aufenthaltsstatus, der keine klaren Perspektiven für die Leute eröffnete.»

Mit anderen Worten: Viele dachten lange ans Zurückkehren. Doch dieser Traum zerplatzte vor knapp zehn Jahren, als die sri-lankischen Regierungstruppen militärisch über die Separatisten siegten.

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Seither ist die Diaspora in der Schweiz die definitive Heimat geworden und Sri Lanka das Land, in das man allenfalls für eine gewisse Zeit pendelt. Doch um die Schweizer Rentenzahlungen auch in Sri Lanka beziehen zu können, bräuchte es ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen zwischen den beiden Staaten. Auch das macht die Studie deutlich.

Studie zeigt Lösungen auf

Dazu kommt: Die Kinder und Grosskinder leben in der Schweiz. «Dann wird es schwierig, wegzugehen», sagt Luksmanan Sinnadurai.

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Für traditionell lebende Tamilinnen und Tamilen war das Alters- und Pflegeheim bislang ein Tabu. Doch die Studie, die ganz gezielt auch die jungen Menschen zu Wort kommen lässt, zeigt: Die Tamilen in der zweiten Generation sind eigenständig, selbstbewusst und beruflich aufgestiegen.

Wie also mit den Erwartungen der Elterngeneration umgehen? Die Studie zeigt Lösungsvorschläge auf, wie zum Beispiel, wie man sich auf niederschwelligem Weg Hilfe bei den Behörden organisiert.

Doch die Studie macht auch deutlich: Die Vorstellungen vom Altern sind noch vage und der Diskurs darüber, was es braucht, damit Migrantinnen und Migranten nicht in die Altersarmut abrutschen, steht erst noch am Anfang.

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