Zum Inhalt springen
Der Glöcker von Bern steht unter einer riesigen Glocke.
Legende: Nennt sich auch «Glöckner von Notre Berne»: Felix Gerber. Beat Mathys

Technik trifft Tradition Der Glöckner von «Notre Berne»

Programmiertes Glockengeläut: Der Glöckner des Berner Münsters Felix Gerber verbindet modernste Technik mit Spiritualität.

Zum Glockenläuten muss Sigrist Felix Gerber nicht mehr auf den 30 Meter hohen Turm des Berner Münsters steigen. Er navigiert das Geläut unten in der Kirche vom Läute-Computer aus.

Immer donnerstags programmiert der Glöckner am Touchscreen die anstehenden Geläute: für Hochzeiten und Trauerfeiern, für den Sonntagsgottesdienst und speziell für die Feiertage.

Für jedes Ereignis hat Felix Gerber ein eigenes Glockenspiel komponiert und im Computer gespeichert. Das Programm für Ostern kann er mit einem Klick aufrufen.

Das Lieblingsgeläut des Glöckners

Gerbers Liebling ist das Sessions-Läuten, wenn der Berner Rat tagt. Seit dem Mittelalter sei es Tradition, dass die reformierte Kirche dieses wichtige, weltliche Ereignis mit Glockengeläut eröffne.

«Das ist wie Gottzeit in der Weltzeit. Ein kurzer Moment, bei dem uns die Glocken darauf aufmerksam machen: Es gibt doch noch was anderes ausser dem Tagwerk, den täglichen Sorgen, die uns ja alle plagen!»

Die Glocken gehören zum Gottesdienst

Glocken rufen zu Gebet und Gottesdienst. Felix Gerber nennt das die «äussere Sammlung», bevor die «innere Sammlung» in der Kirche beginnt.

Gerber bewirkte, dass die Berner Kirche ihre Läute-Ordnung änderte: Neu wird das Läuten nun als Teil des Gottesdienstes verstanden. Das Läuten ist jetzt also liturgisch. Der Glöckner gestaltet die Andacht individuell mit.

Der Glöckner steht nebem dem Klöppel.
Legende: Durch und durch Glöckner: Felix Gerber macht seine Arbeit mit Leidenschaft. SRF / Matthias Haymoz

«Wir feiern ja auch nicht jeden Gottesdienst gleich. Da kann auch das Geläute nicht immer jahraus jahrein dasselbe sein.»

Der Glöckner geht gerne hoch hinaus

Rauf auf den Glockenturm muss Felix Gerber nicht zum Läuten. Aber er steigt trotzdem oft und gerne hoch. Die Wartung der Berner Münsterglocken, dieses einzigartigen Kulturerbes, liegt ihm am Herzen.

Das Berner Münster hütet eines der sieben letzten Grossgeläute aus dem Mittelalter, das noch erhalten und in Betrieb ist. Die älteste Glocke heisst «Hugo- oder Silberglocke» und ist aus dem Jahr 1356 – gefolgt von der «Burgerglocke», die 1403 gegossen wurde.

Damit kann sich das Berner Münster mit Kathedralen wie dem Prager Veitsdom und Notre Dame de Paris messen. Scherzhaft nennt sich Sigrist Gerber darum manchmal auch «Glöckner von Notre Berne».

Kein Taubendreck in Sicht

Künftig möchte Felix Gerber mehr Besuchergruppen auf den Glockenboden führen. Nicht nur deshalb sind seine Glocken blitzblank und tipptopp gewartet. Kein Taubendreck und nur wenig Patina sind zu sehen.

Die Pflege der Glocken-Körper und der tonnenschweren Joche, an denen sie hängen, dient nämlich dazu, die begrenzte Lebensdauer der Glocken zu verlängern.

Das alljährliche «Glocken-Bädele»

Jedes Jahr macht das Berner Münster-Team eine mehrtägige Putzaktion im Glockenturm. Mit weichen Lappen und nicht ätzenden Seifen wird da sehr behutsam vorgegangen. Beim «Glocken-Bädele» werden die Glocken-Körper auch nach Schäden und Abnutzungsstellen untersucht.

Das Berner Münster ist auf dem neuesten Stand der Glockentechnik. Es hat selbst viel in die Entwicklung neuer Klöppel investiert. Sie schlagen die historischen Glocken nun schonender an. Zu laut und zu hart dürfe man sie nie schlagen: «Glockenklang muss sanft sein, er darf gerade nicht in den Ohren weh tun!»

Das tue sonst weder den Menschen noch den Glocken gut, betont Felix Gerber. In seinem Beruf ist also viel Achtsamkeit gefragt – spirituelle wie glockentechnische.

Meistgelesene Artikel