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Tibetischer Buddhismus Wo bitte geht's zur Wiedergeburt?

Stirbt ein Meister, wird er wiedergeboren: Davon sind tibetische Buddhisten überzeugt. Wie findet man seine Reinkarnation?

Im Nordosten Tibets findet sich das kleine, ärmliche Dorf «leuchtender Tiger», tibetisch Taktser. Dort kam am 6. Juli 1935 in einer der 20 örtlichen Familien Lhamo Thöndup zur Welt.

Seine Geburt sollte das Dorf auf den Kopf stellen. Denn der kleine Junge wurde schon bald als der 14. Dalai Lama identifiziert.

Taktser liegt auf einem Hügel mit Blick auf ein grosses Tal, wo die Nomaden früher ihre Tiere grasen liessen. Auch Lhamos Eltern waren landwirtschaftlich tätig. Als Kleinbauern pflanzten sie verschiedene Getreide an und hielten Vieh.

Hinweise zur Wiedergeburt

Ausgerechnet dorthin gelangte ein von der Regierung in Lhasa ausgesandter Suchtrupp. Sie hielten Ausschau nach der Reinkarnation des 14. Dalai Lamas. Eine Reihe von verschiedenen Zeichen hatte sie in das Dorf geführt.

In seiner Autobiographie beschreibt der 14. Dalai Lama, welche Anzeichen und Visionen den Trupp damals zum Haus seiner Eltern führte und welchen Prüfungen er als noch nicht mal Dreijähriger unterzogen wurde, um als Reinkarnation sichergestellt zu werden.

«Die Erleuchteten hinterlassen jeweils Hinweise auf ihre künftige Wiedergeburt. Die Klosterleitung oder enge Vertraute gehen los und suchen das Kind, das diesen Fingerzeigen entspricht», erklärt die Religionswissenschaftlerin Katja Rakow.

Der Meister im Kinderleib

Sobald ein Bub gefunden ist, in dem der inkarnierte Meister erkannt wird, erklärt man ihn offiziell zur Wiedergeburt des vorherigen Lehrers und unterzieht ihn einer äusserst strengen religiösen Ausbildung.

Tibetischer Buddhismus

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Der Buddhismus gelangte erst etwa im 7. Jahrhundert von Indien nach Tibet und vermischte sich dort mit der damals vorherrschenden, animistisch geprägten Bönreligion.

Diese Neuprägung führte zu einem eigenständigen, tibetischen Buddhismus. Der tibetische Buddhismus ist hierarchisch organisiert und wird gemeinhin in vier verschiedene Schulen eingeteilt, wobei der Dalai Lama der Kopf der Gelugpa-Schule ist.

So wird der tibetische Buddhismus auch stark durch die einzelnen Klöster getragen, die von den Laien finanziert und unterstützt werden. Seine Verbreitung findet er nebst Tibet in Ladakh, Bhutan, Nordnepal, in West- und Nordchina, in der Mongolei und bei den mongolischen Völkern Russlands.

Die Institution des wiedergeborenen Lehrers, oftmals Rinpoche genannt, ist dabei einzigartig für den tibetischen Buddhismus.

Die Schilderungen des Dalai Lama sind ein eindrückliches Beispiel dafür, wie im tibetischen Buddhismus insgesamt religiöse Meister – sogenannte Rinpoches – nach ihrem Tod wiederausfindig gemacht werden.

Wiedergeburt aus Mitgefühl

«Die Frage, wer ein hohes religiöses Amt übernimmt, wird im tibetischen Buddhismus durch solche Wiedergeburtslinien gelöst», so Rakow.

Dahinter steckt die Überzeugung, dass erleuchtete Lehrer aus Mitgefühl wiedergeboren werden, um die buddhistische Lehre an weitere Generationen weiterzugeben und diese aus dem Wiedergeburtenkreislauf zu erlösen.

«Ein ganz eigenes Erbfolgesystem»

Es kam also vor, dass an die Tür einer Familie geklopft und Anspruch auf das Kind erhoben wurde, weil es als Reinkarnation eines buddhistischen Meisters galt. Rakow erklärt: «Religiöse Gelehrte erfahren eine so hohe Ehrfurcht und Ansehen, dass dies eine gesellschaftlich akzeptierte Tradition ist.»

Abgesehen davon geht alles auf das Kind über, was dem ehemaligen Rinpoche gehörte: «Das ist ein ganz eigenes Erbfolgesystem. Sowohl Hab und Gut, als auch Status und Amt werden der Reinkarnation, also dem Kind, vermacht», sagt Rakow.

Die Folgen der chinesischen Invasion

Bis zur chinesischen Invasion 1950 hatte diese traditionelle Weitergabe Bestand. Durch die chinesische Regierung wurde der tibetische Buddhismus jedoch sehr stark eingeschränkt.

Durch die Invasion habe ein extremer Bruch stattgefunden, sagt Katja Rakow. «Die zentrale Frage ist, wie sich die religiöse Tradition davon überhaupt erholt, weil sie ja nur unter ganz bestimmten Auflagen weitergegeben werden kann und darf.»

Allerdings gäbe es wenig aktuelle Forschung dazu, wie verbreitet diese Praxis in Tibet heute noch sei, erklärt die Religionswissenschaftlerin.

Sendung: SRF1, Sternstunde Religion, 13.9.2020, 10:00 Uhr

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