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Jan Mohnhaupt über Tiere im Nationalsozialismus
Aus Kultur-Aktualität vom 13.03.2020. Bild: Getty Images
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Tiere im Nationalsozialismus Die Tierliebe der Unmenschen

Die Ideologie war menschenverachtend, aber das Tierwohl wurde in Nazi-Deutschland gross geschrieben. Autor Jan Mohnhaupt zeigt in seinem Buch «Tiere im Nationalsozialismus», welche Bedeutung Tiere unter den Nationalsozialisten hatten, und warum Hitler keine Katzen mochte.

Jan Mohnhaupt

freier Journalist und Autor

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Jan Mohnhaupt wurde 1983 im Ruhrgebiet geboren. Er ist als freier Journalist und Autor für verschiedene Magazine und Zeitungen wie Spiegel Online, Zeit Online und P.M. History tätig. 2017 erschien im Hanser Verlag sein Buch Der Zoo der Anderen, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Er lebt und arbeitet in Magdeburg.

SRF: Hitler mochte Hunde, aber auch Pferde. Warum diese beiden Tierarten?

Jan Mohnhaupt: In Hunden sah er soldatische Tugenden – Mut und Gehorsam. Es gefiel ihm besonders, dass ihm seine Hunde treu ergeben waren. Hitler liess sich auch oft und gerne mit seinem Schäferhund fotografieren.

Bei Pferden war Hitler zwiespältiger: Er umgab sich mit Pferdebildern und -statuen. Aber reale Pferde – vor allem Hengste – machten ihm Angst. Gleichzeitig hielt er den Charakter von Pferden für schwach. Man müsse sie eng im Zaum halten, sagte er, wenn man sie nicht streng führe, seien sie unzurechnungsfähig.

In die Tiere wurden bestimmte Charaktereigenschaften hineinprojiziert. Welche Tiere hatten ein schlechtes Image?

Die Katze galt in der nationalsozialistischen Ideologie als «jüdisches Tier», als «verwerflich» und «charakterlos» gemäss Nazi-Terminologie. Zum einen, weil Katzen ursprünglich aus dem Nahen Osten kommen. Zum anderen, weil sie nicht zu Gehorsam zu erziehen sind wie Hunde. Es gab aber auch unter überzeugten Nationalsozialisten Katzen-Freunde, Die hielten das «Raubtierhafte» der Katze hoch.

Hitler und sein Schäferhund lehnen an ein Holzgeländer und schauen in die Ferne.
Legende: Hitler liess sich gern mit grossen Hunden fotografieren: Die zahlreichen Postkarten und Fotos sollten eine private und menschliche Seite Hitlers vermitteln. Getty Images / Roger Viollet

Eine besondere Rolle bei den Nationalsozialisten spielte der Wolf. Inwiefern?

Der Wolf war für die Nazis das Totem-Tier schlechthin: Hitler liess sich von seiner Entourage «Wolf» nennen und er gab seinen Hauptquartieren gerne den Zusatz «Wolf». Die berühmte «Wolfsschanze» ist so ein Beispiel.

Die Nazi-Funktionäre stilisierten sich zu «Wölfen aus nordischen Wäldern», dabei gab es schon damals in Deutschland kaum noch wild lebende Wölfe.

Buchhinweis

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Jan Mohnhaupt: Tiere im Nationalsozialismus, Hanser Verlag, 2020.

Die Nazis verehrten Tiere und verachteten Menschen – wie passt das zusammen?

Der Tierschutz und die Naturverbundenheit gehörten zum Nazi-Mythos der Ur-Wildnis Germaniens und der «Blut und Boden»-Ideologie. Gleichzeitig unterschieden die Nationalsozialisten in ihrem kruden Weltbild nicht grundsätzlich zwischen Menschenrechten und Tierrechten. Sie unterschieden zwischen in ihrem Sinn «wertem» und «unwertem» Leben.

Auf der Seite des vermeintlich unwerten Lebens stand Ungeziefer wie Ratten oder Läuse. Aber auch Menschen wie Juden oder Behinderte.

Auf der anderen Seite gab es Lebewesen, die als wertvoll galten: bei den Tieren waren das etwa Hunde, Pferde – oder Wölfe.

Das Gespräch führte Susanne Schmugge.

Radio SRF 2 Kultur, Echo der Zeit, 14.3.2020, 19 Uhr ; 

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