Neben medizinischen und psychologischen Fragen gibt es bei einer Geschlechtsanpassung auch ganz praktische Herausforderungen: Zahlen die Krankenkassen eine Operation? Wie wechselt man seinen Namen und ab wann kann man das Geschlecht amtlich ändern lassen? Ein Überblick über die Rechtslage.
Wie so vieles in der Schweiz sind auch Anträge zur amtlichen Geschlechtsanpassung kantonal geregelt. Allerdings bahnt sich langsam eine Vereinheitlichung an: Im Mai 2017 beauftragte der Ständerat das Bundesamt für Justiz, Vorschläge zu erarbeiten, die die amtliche Geschlechtsänderung vereinfachen sollen.
Wie kann man offiziell den Namen ändern?
Einen anderen (Vor-)Namen anzunehmen ist nicht so einfach, wie man meinen könnte. 2010 forderten 14 Kantone eine hormonelle Behandlung und zwei operative Eingriffe, bevor sie eine Namensänderung zum anderen Geschlecht gewährten. Laut einem Entscheid des Europäischen Gerichtshofs vom April 2017 verletzt dies jedoch die physische Integrität eines Individuums.
Die Schweizer Behörden scheinen sich danach gerichtet zu haben, denn die meisten Ämter sind von diesen Forderungen abgerückt. Meist verlangen die kantonalen Behörden heute nur noch ein Schreiben einer medizinischen Fachperson oder eine Bestätigung, dass man in seinem/ihrem persönlichen Umfeld bereits unter dem neuen Namen akzeptiert ist.
Was braucht es, um das Geschlecht offiziell zu ändern?
Für die Änderung des amtlichen Geschlechtseintrags verlangten 2010 noch 36 von 40 befragten Gerichten einen Nachweis, dass die betroffene Person operiert worden war. Heute fordert man in aller Regel keine körperlichen Eingriffe mehr. Grund für die unterschiedliche Handhabung ist ein Bundesratsbeschluss aus dem Jahr 1993. Dieser legte fest, dass ein «irreversibler Geschlechtswechsel» notwendig sei für eine amtliche Geschlechtsänderung.
Obwohl dieser Beschluss umstritten ist, gibt es seit 25 Jahren keine aktuellere Anordnung. Allerdings interpretieren die zuständigen RichterInnen den Begriff des «irreversiblen Geschlechtswechsels» unterschiedlich. Während man damit früher vor allem eine operative Geschlechtsänderung und insbesondere die Zeugungsunfähigkeit meinte, wird heute die soziale Komponente betont: Die gefühlte Geschlechtsidentität des oder der Betroffenen ist nun meist wichtiger als eine körperliche Angleichung – auch hier folgt man dem Entscheid des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Alecs Recher vom Transgender Network Switzerland betont, wie wichtig es sei, dass die Geschlechtsidentität als bestimmender Faktor anerkannt wird.
Welche Kosten werden übernommen?
Die Kosten für eine Anpassung der äusseren Geschlechtsmerkmale werden in der Regel von der Grundversicherung übernommen. Wie auch bei anderen medizinischen Eingriffen muss dafür eine ärztliche Diagnose vorliegen. Die Krankenkassen verlangen meist zusätzlich eine zweijährige Beobachtungsphase, in der Betroffene in psychologischer oder psychiatrischer Behandlung sein müssen.
Es gibt dabei kein Mindestalter, sondern es zählt die Zurechnungsfähigkeit. Wenn die Bedingungen erfüllt sind, werden die Kosten für die psychologische bzw. psychiatrische Betreuung, die Hormonbehandlung und die Operation übernommen. Die Realität sehe jedoch oft anders aus, sagt Alecs Recher, Rechtsberater des Transgender Networks. Oft würden Krankenkassen die Kosten nicht tragen wollen. Die Begründungen seien häufig undurchsichtig. In diesem Bereich sieht Recher am meisten Handlungsbedarf, um Transmenschen in der Schweiz besser zu unterstützen.
Was passiert bei einer Ehe?
Die Heirat eines gleichgeschlechtlichen Paares ist laut Schweizer Rechtsprechung nicht möglich. Nach einer Geschlechtsanpassung sind jedoch zwei gleichgeschlechtliche Menschen miteinander verheiratet.
Der Staat kann aber eine Ehe ohne Zustimmung von mindestens einem Ehegatten nicht einfach auflösen. Wenn keiner der Betroffenen die Ehe auflösen möchte, folgt daraus: Eine Ehe bleibt bestehen, auch wenn sie dann gleichgeschlechtlich ist.
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