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Gesellschaft & Religion «Trockenmauern», alles andere als trocken

Die Kunst des Trockenmauerns wurde in prähistorischer Zeit erfunden. In den 1970er-Jahren geriet das Handwerk beinahe in Vergessenheit. Das neu erschienene, imposante Buch «Trockenmauern» gibt Einblick in eine Tradition, die die Landschaft geprägt hat. Zwei Kilo, die das Zeug zum Standardwerk haben.

Warum haben Menschen Steine zu Trockenmauern aufeinander geschichtet? Ganz einfach: Weil sie nicht mehr als Sammler und Jäger unterwegs waren, sondern sesshaft wurden und Landwirtschaft betrieben. Sie räumten die Steine von den Feldern und bauten daraus Mauern, um Weideland einzuzäunen, und Terrassen, um den steilen Flanken urbares Land abzutrotzen. Steine waren das einfachste, elementarste Baumaterial. Architekten und Baumeister waren nicht nötig, es reichte das Kollektiv.

Ein archaisches Handwerk

Buchhinweis

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Stiftung Umwelt-Einsatz Schweiz (Hrsg.): «Trockenmauern.» Hauptverlag, 2014.

Das Trockenmauern ist also ein archaisches Handwerk, in dem eine Menge Erfahrungswissen steckt. Es entstehen einfache Formen und weil das Material aus der Region stammt, gliedern sich die Bauwerke selbstverständlich in die Landschaft ein und prägen diese gleichzeitig. Trockenmauern sind zudem ökologisch, bieten Flora und Fauna reichlich Platz. Und als Tüpfelchen auf dem «i»: Trockenmauern – seien es Weidemauern, Trullis oder Stützmauern – sind unglaublich schön.

«Im Trockenmauer-Handwerk gibt es kein moralisches Dilemma», schreibt der britische Spezialist Richard Tufnell in seinem Essay im Prachtsband «Trockenmauern». In den späten 1970er-Jahren hatte er in Schottland einen Hof gekauft. Eine Trockenmauer war zu restaurieren. Ein schier unlösbares Problem, beherrschte doch kaum jemand dieses alte Handwerk.

Dank Richard Tufnell hat sich das geändert: Er hat das beinahe verloren gegangene Wissen gesammelt, aufgeschrieben und weitergegeben. Auch in der Schweiz. Aus seinem Wissen hat die Stiftung Umwelt-Einsatz Schweiz nun das «Trockenmauern»-Buch gemacht: 470 Seiten dick und 2 Kilo schwer.

Hand und Hirn

Entstanden ist ein Standardwerk, das Einblick gibt in ein faszinierendes Handwerk, das nicht nur Kraft und Ausdauer fordert, sondern auch das Auge für die richtigen, passenden Steine und ein Wissen über Statik, Hangdruck und Reibungswinkel – fürs Trockenmauern sind Hand und Hirn gefragt.

Doch «Trockenmauern» ist viel mehr als eine Bauanleitung. Dieses grosse Buch entpuppt sich als wahre Schatzkammer. Rasch wird einem klar: In einer einfachen Trockenmauer steckt viel Kultur- , Bau- und Landwirtschaftsgeschichte.

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