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Videokampagne für Jugendliche «Ich beobachte dich!» – Mit dem Zeigefinger gegen Pornokonsum?

Die Schweizerische Kriminalprävention hat ein Video veröffentlicht, das Jugendliche vor dem Konsum und der Verbreitung von pornografischen Inhalten warnen will. Wortwahl und Look stossen bei Fachpersonen auf Zuspruch, aber auch Kritik.

«Ich weiss, was du gestern getan hast», so beginnt das Erklärvideo der Schweizerischen Kriminalprävention SKP. Eine Comicfigur, die aus einer düsteren Graphic Novel stammen könnte, hebt drohend den Finger.

Dann klärt die Figur mit verzerrter Stimme über die rechtlichen Folgen von Pornokonsum und dessen Verbreitung auf.

Polarisierende Türsteherfigur

Agota Lavoyer, Expertin für sexualisierte Gewalt und Opferberatung, findet die Figur im Video angsteinflössend. Die Drohung, die Jugendlichen würden Tag und Nacht beobachtet, schüre Angst und Misstrauen. Diese seien keine guten Begleiter in der Prävention. Im Gegenteil erreiche man Jugendliche gerade bei dieser sensiblen Thematik besser über Vertrauen und Aufklärung.

Fabian Ilg, Geschäftsleiter der SKP, hält dagegen. Erwachsene würden die Figur als bedrohlicher wahrnehmen als die Zielgruppe. Man habe die Umsetzung im Video vorgängig etwa 20 Jugendlichen gezeigt und deren Meinungen eingeholt. Bewusst sei eine gezeichnete Figur gewählt worden, um ihre Wirkung abzuschwächen.

Daniel Süss, der zur Mediensozialisation Jugendlicher forscht, findet positive Seiten an der «Türsteherfigur». Die einfache Sprache und die klaren Aussagen seien für Jugendliche gut nachvollziehbar.

Süss kann sich vorstellen, dass die gewählte Ansprache gut an die Alltagsrealität junger Menschen andockt. Mädchen könnten die Figur zwar als bedrohlich wahrnehmen. Die vorrangig männliche Zielgruppe dürfte sich dadurch aber angesprochen fühlen.

Verteufelung der Sexualität?

Einige Zeilen aus dem Video würde Agota Lavoyer lieber ersetzt wissen. Statt: «Du hast einen Porno geschaut. Oh Mann, das ist nicht okay!», würde Lavoyer lieber sagen: «Hey, dass du es interessant findest, nackte Männer oder nackte Frauen zu sehen, oder zu sehen, wie Sexualität funktioniert, ist sehr normal. Das ist bei uns auch schon so gewesen.»

Für die Beraterin ist es wichtig, dass man die Neugier der Jugendlichen nicht verteufelt. Sonst habe man sie schon verloren.

Die Schweizerische Kriminalprävention entgegnet, keinen sexualpädagogischen Auftrag oder Ansatz zu haben. Selbstverständlich sei es richtig und wichtig, dass Jugendliche über Sexualität und Pornografie reden. Sie sollten nicht beschämt werden, so die SKP.

Diese Form von Kriminalprävention solle nicht als Konkurrenz oder als Ersatz verstanden werden, sondern als komplementäres Angebot zur Sexualpädagogik.

Schlechtes Bild der Polizei

Lavoyer führt als weiteren Kritikpunkt an, dass die Polizei in dem Video enorm schlecht wegkomme. «Die Polizei kommt in deine Schule, deine Klasse, und nimmt dich mit», heisst es etwa im Video. Sie würde sich als jugendliche Person nie an die Polizei wenden, wenn sie so etwas sehen würde. Die dargestellte Polizei wirke nicht so, als würde sie Jugendliche in Notlagen unterstützen.

Fabian Ilg gibt an, das sei nicht die Absicht gewesen. Man habe nur mögliche Konsequenzen darstellen wollen, die straffällig gewordenen Jugendlichen tatsächlich drohen.

Die SKP wisse um die Heterogenität der Zielgruppe der 10- bis 16-Jährigen und habe darum auch davon ausgehen müssen, dass sich einige angesprochen fühlen, andere nicht. Dass die Zielgruppe gemischt sei, sei aber eine Schwierigkeit bei fast allen Präventionskampagnen.

Radio SRF 4 News, Info3, 26.04.23, 17:00 Uhr

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