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Gesellschaft & Religion Warum wir so gerne Jass, Poker oder Quartett spielen

Jassen ist der Schweizers Lust: Ungefähr drei Millionen Jasser und Jasserinnen zählt man hierzulande. Der Lust am Kartenspielen widmet das Museum zu Allerheiligen nun eine Ausstellung. Sie zeigt das Kartenspiel in Kunst und Kultur. Und lässt die Besucher für einmal im Museum zocken.

Die Ausstellung «Lust auf ein Spiel?» ist eine der ersten Ausstellungen, die Katharina Epprecht als neue Direktorin des Museums zu Allerheiligen verantwortet. Als sie im Herbst 2015 ihre neue Stelle antrat, hat sie das getan, was alle neuen Chefs tun: Sie liess sich die angedachten Projekte präsentieren. Geplant war die schlichte Präsentation einer neu erstandenen Spielkartensammlung. Schliesslich sammelt das Museum seit Jahrzehnten systematisch Spielkarten.

Doch Katharina Epprecht legte ihr Veto ein: «Ich habe realisiert, was für ein Reichtum an Karten vorhanden ist und dass es sich deshalb durchaus lohnen könnte, die Ausstellung breiter aufzuziehen.»

Ausstellungshinweis

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Die Ausstellung «Lust auf ein Spiel?» findet vom 23.06.2016 bis zum 30.10.2016 im Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen statt.

Karten in Kunst und Alltag

Um es gleich vorweg zu nehmen. Die Ausstellung erfüllt den breiten Anspruch der neuen Direktorin recht gut. Sie zeigt, wie sich das Phänomen Kartenspiel in unserem Alltag und der Kunst niederschlägt. Zum Beispiel gleich zu Beginn der Schau mit Zitaten an der Wand. «Zu hoch gepokert» steht etwa oder «den schwarzen Peter schieben».

Gezeigt wird auch, welche zentrale Rolle das Kartenspiel in der Literatur, in der Musik und im Film bis heute einnimmt – von Alexander Puschkins Erzählung «Pique Dame» über Strawinskys Ballet «Jeu de Cartes» bis zum Bond-Thriller «Casino Royale».

Doch im Fokus der Ausstellung sind die Spielkarten. Zu sehen sind wunderschön erhaltene Exemplare aus dem Mittelalter – bereits damals mit Schilten, Schellen und Eicheln verziert – oder Karten aus der Gegenwart: mit nackten Pin-up-Girls, lehrreiche Quartett- oder geheimnisvolle Tarotkarten.

Die Schattenseite des Spiels

Mit Karten gespielt wird in Europa bereits seit über 700 Jahren. Allerdings hat man bis jetzt keine Exemplare aus der damaligen Zeit gefunden. Als Nachweis gelten Schriftquellen aus dem 14. Jahrhundert aus den Städten Bern und Schaffhausen. Diese Schriftstücke sind in der Schau zu sehen und sie zeigen, dass man bereits vor über 700 Jahren erkannte, dass das Kartenspiel neben der harmlosen auch eine Schattenseite haben kann. Bern und Schaffhausen erliessen Spielverbote. «Aus den Verboten aus dem 14. Jahrhundert wird deutlich: Das Problem war das Geld. Die Leute spielten sich um Haus und Hof», sagt Kurator Daniel Grüter.

Das Thema Spielsucht und Verschuldung ist heute noch brandaktuell. Leider verzichten die Ausstellungsmacher auf eine Vertiefung. Sie wollten sich wohl ganz auf das Objekt Spielkarte konzentrieren. Auch das virtuelle Spiel mit Online-Karten ist kein Thema.

Das Spiel als Funktion für sozialen Kontakt

Den Ausstellungsmachern gelingt es Antworten auf die Frage zu finden, warum das schlichte Kartenspiel heute noch so populär ist. Allein in der Schweiz wird die Zahl der Jasserinnen und Jasser zum Beispiel auf gut drei Millionen geschätzt. Die ungebrochene Faszination erklärt sich die Museumsdirektorin Katharina Epprecht mit diesem gewissen Etwas, welches nur beim Kartenspiel erlebt werden kann:«Beim Kartenspiel geht es darum, Menschen zu spüren, die Hitze im Raum zu spüren, die Mimik zu lesen, sich aufzuregen, sich zu freuen. Das Spiel ist, seit es Menschen gibt, eine ganz wichtige Funktion für den sozialen Kontakt.»

Um diesen sozialen Kontakt selber zu erfahren, haben Katharina Epprecht und Kurator Daniel Grüter zum einfachen, aber logischen Mittel gegriffen. Ein Pokertisch lädt die Besucher zum Zocken ein. Mitten im Ausstellungsraum.

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