In der Ecke einer Puppenstube, die im Deutschen Historischen Museum ausgestellt ist, steht ein Tannenbaum. Er ist mit Äpfeln, Nüssen und Brezeln geschmückt. So oder so ähnlich hat der Baum zum Weihnachtsfest in Europa lange ausgesehen.
Der Begriff des «Christbaumschmucks» entstand aber erst um 1850, als Werbeslogan der Glasbläser in Thüringen, erläutert Regine Falkenberg. Sie hat die Ausstellung «Engel, Hakenkreuz, Felsendom» in Berlin kuratiert.
Mit dem Kunstbegriff «Christbaumschmuck» liessen sich die bunten Glaskugeln als Weihnachtsgaben besser verkaufen.
Kurz darauf wurde der gerade erfundene Exportschlager «Christbaumschmuck» zu nationalen Ikonen für ideologische Grabenkämpfe stilisiert.
«Während des Deutsch-Französischen Krieges 1870 sitzt die deutsche Generalität unter einem geschmückten Christbaum umgeben von deutschen Soldaten», erzählt Falkenberg. «Dieses emotionale Bild sollte ein gewisses nationales Kulturgut repräsentieren.»
Christbaumschmuck als Propaganda-Instrument
Vollends ideologisch überfrachtet wurde der geschmückte Weihnachtsbaum während des Zweiten Weltkriegs. Unter dem SS-Führer Heinrich Himmler sollte das Weihnachtsfest zur völkischen Feier umgedeutet werden, bei der die nationalsozialistische Symbolik im Mittelpunkt stand.
Ausgestellt ist zum Beispiel auch eine Christbaumspitze mit Hakenkreuz. «1933 hat Hitler, hat das Reichspropagandaministerium das Gesetz zum Schutz der nationalen Symbole ausgegeben», erläutert Falkenberg.
Dieser sogenannte Jul-Schmuck mit völkischer Symbolik sei bald darauf auch bei Edeka zu kaufen gewesen, einer zu der Zeit bekanntesten Kette von Kolonialwarenhändlern.
In einem ausgestellten echten Familienalbum einer gut situierten deutschen Kaufmannsfamilie verschwindet über die Kriegsjahre dann aber nicht nur der reich gedeckte Gabentisch, sondern auch der Baum samt Hakenkreuz.
Während des Krieges fällt das ganze Weihnachtsfest aus. Die Familie wurde ausgebombt. Ihr nächste Foto mit Weihnachtsbaum und Enkelkind ist von 1952. Dann wieder ohne Hakenkreuz.
Schneemann aus Indonesien
Die Berliner Ausstellung zur Geschichte des Weihnachtsschmuckes beschränkt sich aber nicht nur auf Deutschland oder das Abendland. «Wir zeigen auch einen indonesischen Schneemann, der das Geschenk überbringt», sagt Falkenberg lachend.
«Wenn Baumschmuck hergestellt wird in Peru oder in China, dann wird immer die eigene Kultur mit eingebunden.» So tragen Engel aus Korea natürlich Kimono.
Das einst christliche Fest rund um den geschmückten Weihnachtsbaum hat sich inzwischen verselbständigt und ist Teil der Weltkultur geworden. Ganz unabhängig von religiösen Glaubensrichtungen und politischen Überzeugungen.