«Der Papst empfiehlt Donald Trump zur Wahl», «Hillary Clinton unter eine Decke mit Kinderschänder-Ring». Erfundene Geschichten wie diese hätten vor zwei Jahren wahrscheinlich die US-Wahl entschieden. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Ohio State University.
Verbreitet wurden viele der Falschmeldungen durch Internetseiten aus Veles, einer mazedonischen Stadt mit 38'000 Einwohnern, etwa so gross wie Thun. Bürgermeister Ace Kocevski ist die Sache immer noch peinlich: «Ich möchte, dass die Stadt für positive Dinge bekannt und berühmt ist und nicht für so etwas».
Plötzlich war Geld da
In den 80er-Jahren, als das Land noch Jugoslawien hiess, war Veles eine florierende Industriestadt. 4000 Menschen arbeiteten in der hiesigen Porzellanfabrik. Heute ist die Fabrik eine Ruine und fast jeder zweite Jugendliche ist arbeitslos. Viele wandern aus.
Die meisten, die hier Fake News verbreiteten, waren irgendwann Schüler an der technischen Mittelschule der Stadt. Lehrer Gjorgji Gjorgjiev erinnert sich an die wilde Zeit: «Wir sahen auf einmal teure Autos, teure Kleider, teure Mobiltelefone. Wir sahen diese Veränderung in Cafés, in Kleidergeschäften und an Tankstellen».
Der Mann der Donald Trump versehentlich zum Präsidenten machte
Der Mastermind hinter der mazedonischen Fake-News-Industrie ist Mirko Ceselkoski. Er brachte den jungen Leuten das Handwerk bei.
Der Experte für Internet-Marketing nennt sich zu Werbezwecken immer noch «Der Mann, der Donald Trump versehentlich zum Präsidenten machte».
Er sagt heute: «Was ich tat, war vielleicht nicht ethisch. Aber die ganze Welt tat es. Es endete damit, dass wir ein Epizentrum der Fake News wurden. Die Welt brauchte einen Sündenbock und das waren dann wir».
Von Schlankheitskuren zur Propaganda
Ceselkoski betreibt in Skopje eine erfolgreiche Akademie für Internet-Marketing. Angefangen hätten seine Studenten mit Internetseiten über gesunde Ernährung, Schlankheitskuren und schnelle Autos. «Dann haben wir gemerkt, dass die Leute auf den politischen Seiten viel intensiver und länger verweilen und dass man dort mehr Geld verdienen kann.»
In kurzer Zeit hatten einige so viele Besucher auf ihren Seiten, und verdienten so viel Geld, dass sie bereit waren, rund um die Uhr zu arbeiten. Einige heuterten sogar amerikanische Studenten an, die für sie Texte schreiben.
«Die Party ist vorbei»
Dann wurde die Öffentlichkeit auf die Fake-News aus Veles aufmerksam. Google stoppte die Zahlungen und Facebook schloss mazedonische Profile mit politischen Inhalten. Der Google-Geldstrom in die «Stadt der Lügner» versiegte. Auch wenn sich einige noch mit Seiten über gesunde Ernährung über Wasser halten.
«Die Party ist vorbei», sagt Webseitenentwickler Borche Pechev. Er hatte Dutzende Webseiten gebaut für die Fake-News-Industrie. «Wenn Sie heute versuchen, eine politische Story von einem Computer in Mazedonien auf einer amerikanischen Facebook-Gruppe zu teilen, dann deaktiviert Facebook sofort ihren Account».
Mastermind Mirko Ceselkoski meint: «Es musste irgendwann enden. Aber ich bin stolz, dass ich das Leben vieler Menschen hier im Land verändert habe.»
Allerdings: In den Nachbarländern Albanien, Kosovo und Serbien, soll es Leute geben, die bereits ihre Websites in Stellung bringen für den US-Wahlkampf 2020.