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Gesellschaft & Religion Werden wir wiederkommen? Gedanken zur Reinkarnation

An Ostern feiern Christen die Auferstehung Jesu Christi. Gleichzeitig glauben viele Christen an Reinkarnation. Die Theologen hingegen betonen: Der Auferstehungsglaube und der Glaube an mehrere Erdenleben schliessen sich gegenseitig aus. Ein Plädoyer für die Vereinbarkeit beider Glaubenswelten.

Kinder können sich Ostern ohne Osterhasen nicht vorstellen. Davon einmal abgesehen, erinnert Ostern die gläubigen Christen an die Auferstehung Jesu Christi. Das Neue Testament berichtet vom Tod Jesu von Nazareth am Kreuz. Die Texte bleiben aber nicht beim Karfreitag stehen. Sie berichten von der Auferstehung Jesu Christi, von zahlreichen Begegnungen seiner Jüngerinnen und Jünger mit dem Auferstandenen.

Jeder fünfte Christ glaubt an Reinkarnation

Ein Fünftel der Gläubigen, die regelmässig einen christlichen Gottesdienst besuchen, glauben an die Auferstehung – und gleichzeitig an Reinkarnation. Dies zeigt eine repräsentative Umfrage. Die Gläubigen lassen sich nicht davon beirren, dass Pfarrer und Theologen bis auf ganz wenige Ausnahmen sagen: Auferstehung und Reinkarnation schliesse sich gegenseitig aus. Entweder gebe es die Auferstehung nach einem Erdenleben oder aber die Reinkarnation, mehrere Leben auf der Erde.

Der Gedanke der Reinkarnation spendet Trost

Jesus verlässt sein Grab, daneben kniet eine Frau.
Legende: Maria Magdalena mit Jesu nach seiner Auferstehung. John Pope-Hennessy, Beato Angelico, Scala, Firenze 1981

Was motiviert Menschen, an Reinkarnation, an mehrmalige Erdenleben zu glauben? Sie sagen, der Reinkarnationsgedanke gebe Antworten auf grundlegende Fragen ihres Lebens. Zum Beispiel auf die Frage, ob es für all das Leid und Unheil in der Welt und in unserem Leben eine ausgleichende Gerechtigkeit gebe. Der Reinkarnationsgedanke besagt für sie: Ja, es gibt eine ausgleichende Gerechtigkeit, nämlich in weiteren Erdenleben.

Andere meinen, der Reinkarnationsgedanke sei für sie einfach ein Trost. Er gebe ihnen eine grosse Hoffnung auf die Fortführung des persönlichen Lebens, weil sie nicht eigentlich an ein ewiges Leben in einem unbestimmten Jenseits glauben wollten. Die Zeit auf der Erde, und wenn es 70 oder 80 Jahre seien, erscheine ihnen viel zu kurz für ihre persönliche Entwicklung. Reinkarnation sei eine Hoffnung auf die Weiterführung der eigenen Entwicklung.

Möglichkeit einer «gemässigten Reinkarnationslehre»

Wie könnte die christliche Theologie mit der Herausforderung Reinkarnation umgehen, anstatt einfach zu predigen: Der christliche Glaube und Reinkarnation sind nicht kompatibel? Gibt es eine Alternative zum Entweder-Oder?

Der christliche Läuterungsgedanke – ursprünglich «Fegfeuer» genannt – bildet die engste Brücke zum Reinkarnationsgedanken. Bereits der katholische Theologe Karl Rahner (1904-1984) sieht diese Möglichkeit, aus christlicher Sicht mit dem Reinkarnationsgedanken ins Gespräch zu kommen – obwohl er ihn letztlich als mit dem christlichen Glauben unvereinbar abgelehnt hat.

Die Antwort auf die Herausforderung Reinkarnation wäre die Hypothese einer christlichen Reinkarnationslehre. Diese «gemässigte Reinkarnationslehre» könnte für Menschen angenommen werden, die nach ihrem ersten Erdenleben der Läuterung bedürfen. Läuterung würde dann durch Reinkarnation ergänzt.

Die Vollendung würde im Rahmen einer «christlichen Reinkarnationslehre» in materieller Form gedacht. Sie würde unter den gleichen Bedingungen vollzogen, unter denen die erste Existenz stattgefunden hat, nämlich auf Erden. Die christliche Theologie könnte damit der Tatsache Rechnung tragen, dass viele Christen an Reinkarnation glauben.

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