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Wir werden über 100 Der Tod kommt spätestens mit 120

Auch der menschliche Körper hat ein Ablaufdatum. Es liegt bisher im Bereich von 120 Jahren. Für die meisten von uns dürften die Tage eh viel früher gezählt sein. Doch Wissenschaftler denken, dass durchaus mehr drin läge.

122 Jahre, 5 Monate und 14 Tage: Länger hat bisher kein Mensch gelebt. Jeanne Calment hat urkundlich verbrieft alle bisherigen Altersrekorde gebrochen.

Über 100 Jahre lang geraucht

Als die Dame aus dem südfranzösischen Städtchen Arles 1997 im Schlaf starb, war sie nicht wirklich krank. Einfach müde. Das sei sehr typisch für derart alte Menschen, sagt der Bostoner Genforscher Thomas Perls. Diese Menschen erreichten das Ende ihres Lebens oft ohne schwere Krankheiten. Der Tod komme rasch und unspektakulär. Die Organe scheinen erschöpft, deren Reserven ausgereizt.

Jeanne Calment hat über 100 Jahre lang geraucht. Die Tatsache, dass sie dennoch ein derart langes Leben führen konnte, bestätigt die bisherigen Resultate der Altersforschung. Umwelt- und Lebensstilfaktoren begünstigen zwar ein langes Leben. Wer aber über 100 Jahre alt werden möchte, braucht in erster Linie die richtigen Gene. Die Ergebnisse der von Thomas Perls geleiteten New England Centenarian Studie etwa zeigen, dass 105-Jährige, erst recht aber 110-Jährige ähnliche Genmuster haben. Doch deren Funktion und deren komplexes Zusammenspiel sind noch nicht verstanden.

Mit Fruchtfliegen zum Forschungsziel

Altersforscher suchen deshalb bevorzugt in einfachen Organismen nach Erklärungen für die komplizierten Prozesse des Alterns. Fruchtfliegen und winzig kleine Fadenwürmer gehören zu den beliebtesten Versuchstieren in der Altersforschung. Deren Erbgut lässt sich leicht manipulieren und das Leben auf diese Weise verlängern.

Sebastian Grönke vom Kölner Max-Planck-Institut für die Biologie des Alterns glaubt, dass lebensverlängernde Massnahmen auch den Menschen dereinst die 120-Jahr-Schwelle überschreiten lassen können: «Ich kann mir vorstellen, dass es in Zukunft Behandlungen geben wird, die das erlauben. Interessant werden könnten medikamentöse Ansätze, die es erlauben, Gene und Eiweisse gezielt zu aktivieren oder zu drosseln.»

1000 Kalorien-Diät hilft beim Altwerden

Versuche mit Fadenwürmern, Fruchtfliegen, Labormäusen und Rhesusaffen zeigen, wie das gehen könnte. Setzt man die Tiere auf eine streng kalorienreduzierte, aber ausgewogene Diät, leben sie deutlich länger. Vermutlich - so die These der Forscher - schaltet der Körper an der Hungergrenze um auf ein evolutionär erprobtes Notprogramm, das auf strikten Selbsterhalt ausgerichtet ist, statt auf Fortpflanzung.

Kontrollmechanismen, die etwa Zellen auf Gendefekte und damit auf ein mögliches Krebsrisiko überprüfen, arbeiten in diesem Zustand besonders gründlich. Der Körper soll gesund und fit bleiben, um sich in besseren Zeiten wieder in die Fortpflanzung zu investieren.

Diese kalorienreduzierte Diät wirkt wahrscheinlich auch beim Menschen lebensverlängernd. Dies jedenfalls lassen die Selbstversuche in den USA vermuten. Menschen, die sich einer solch strikten Diät mit nur wenig mehr als 1000 Kalorien täglich unterzögen, seien körperlich 10 bis 20 Jahre jünger als Gleichaltrige, sagt Altersforscher Rudolf Wiesner von der Uni Köln.

120 Lebensjahre bleibt Idealfall

Dennoch warnt Wiesner vor übertriebenen Hoffnungen: «Diese Kalorienreduktion ist extrem unangenehm. Man fühlt sich dauernd hungrig, unglücklich und unzufrieden. So eine Diät können nur ganz wenige Leute durchhalten.»

Audio
Ist bei 120 Jahren endgültig Schluss?
aus Kultur kompakt vom 28.06.2013.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 15 Sekunden.

Altersforscher suchen deshalb nach erträglicheren lebensverlängernden Mitteln. Sie denken etwa an Wirkstoffe, die unseren Zellen den Hunger nur vortäuschen, damit wir ganz ohne Verzicht unsere Lebenserwartung im 10 bis 20 Jahre hinausschieben können. Doch bislang haben entsprechende Substanzen noch zu ernsthafte Nebenwirkungen. Deshalb müssen wir uns derzeit noch mit 120 Lebensjahren – im Idealfall – begnügen.

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