Die Meinungen zum Kino-Comeback in der Hauptstadt des Königreiches Saudi-Arabien gehen auseinander. Manchmal schon bei Mutter und Tochter. Ein Generationskonflikt?
Nein, nein, sagt eine Frau, die gerade in einem Einkaufszentrum unterwegs ist. «Kino ist grundsätzlich nicht mein Vergnügen. Ich warte mal ab, ob ich hingehe.»
Ihre Tochter hält dagegen. «Ich werde hingehen», sagt sie. «Ich will den Wandel spüren.» Eine dritte Frau, Mitte 30, meint: «Das ist der Wandel. Der Wandel, der alles betrifft. Du kannst zu Partys gehen. Und auch in Kinos.»
Geschlechtertrennung? Nicht im Kino
Was in der Schweiz völlig normal ist, stellt in Saudi-Arabien einen Kulturbruch dar: Das Königshaus hatte Kinos Anfang der 1980er-Jahre im Zuge einer konservativeren Politik verboten. Hintergrund ist die extreme saudische Lesart des Islam, die Vergnügungen wie Konzerte oder Filme eigentlich verbietet.
Doch vor kurzem verkündete Kronprinz Mohammed bin Salman, dass die Kleiderordnung längst nicht so streng sein müsse wie in den zurückliegenden Jahrzehnten.
Mit dem Nikab ins Kino
Auch nach dieser Ankündigung haben längst nicht alle Frauen den Nikab, den Gesichtsschleier fortgeworfen. Für viele ist er mehr Tradition als Ausdruck ihres Glaubens.
So zeigt sich auch eine Nikab-Trägerin aus eher aus einfachen Verhältnissen begeistert vom Wandel im Königreich: «Gott sei Dank gibt es diesen Wandel. Ich hoffe, dass er uns Gutes und dem Saudischen Volk Neuerungen bringt. Ich werde ganz sicher ins Kino gehen. Ich liebe Actionfilme.»
In einer Phase der Öffnung der Wüstenmonarchie werden bisherige Konventionen immer weiter aufgeweicht. So soll in den Kinos, von denen in den kommenden Jahren etwa 350 im Land entstehen sollen, nicht die in Saudi-Arabien übliche Geschlechtertrennung herrschen.
In Restaurants etwa ist es verboten, dass Männer mit Frauen an einem Tisch sitzen, die nicht mit ihnen verwandt sind.
Millionengeschäft Kino
Die Entscheidung des Königreichs steht in einer Reihe von Massnahmen zur Liberalisierung des Landes. So sollen Frauen von Ende Juni an auch in Saudi-Arabien Auto fahren dürfen, es gibt zudem immer mehr Konzerte und Messen.
Die Reformen werden einerseits dem 32-jährigen Kronprinzen Mohammed bin Salman zugeschrieben, werden aber andererseits auch als wirtschaftliche Notwendigkeit gesehen.
Bislang fuhren Saudis oft stundenlang in die Nachbarstaaten, um Filme anzuschauen. Dieses Geld - mutmasslich Hunderte Millionen Euro - könnte bald im Königreich bleiben und für einen umfassenden Wirtschaftsumbau genutzt werden.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktuell, 19.04.2018, 6:50 Uhr