«Wenn es Schutzengel gibt, dann war Urs Hulliger meiner», sagt Stefania Bonfadelli*. Gut möglich, dass sie ihm ihr Leben verdankt. Denn Urs Hulliger war nicht nur zur rechten Zeit am rechten Ort, sondern hat auch ohne Rücksicht auf sein eigenes Leben das Richtige getan.
Es war am 18. Juni 2012, kurz nach 13 Uhr. Der 57-jährige Maschineningenieur aus Deitingen, Solothurn, kommt gerade vom Mittagessen zurück an seine Arbeitsstelle in Zuchwil. Er sieht in der Nähe des Eingangs eine Frau. Ausserhalb der Umzäunung steht ein Mann. Hulliger denkt sich nichts dabei und betritt den Windfang des Gebäudes.
Plötzlich fallen Schüsse
Plötzlich hört er einen Schuss. «Ich dachte erst, dass ein Pneu an meinem Velo geplatzt ist.» Beim zweiten Knall ist klar: Das sind Schüsse. Der Mann hinter dem Zaun hat das Feuer auf Stefania Bonfadelli (Name geändert) eröffnet. Das Opfer ruft um Hilfe, schreit vor Schmerzen.
«Ich liess mein Velo zum Schützen hin rollen und rannte hinaus, um die Frau zu holen», erzählt Urs Hulliger. Die 21-Jährige liegt schwer verletzt auf dem Boden. «Ich packte sie an den Händen und zog sie ins Gebäude», erinnert sich ihr Retter. Mindestens fünfmal hatte der Schütze auf die beiden gefeuert.
Wie ein Wunder unverletzt
«Der Defekt am Hemd von Urs Hulliger stammt von einem Projektil oder einem Projektilteil» – der Auszug aus dem Protokoll zum Tathergang zeigt: Urs Hulliger hatte unwahrscheinliches Glück. Er selbst hat bei seiner mutigen Tat im Gegensatz zu seinem Hemd nicht einmal einen Kratzer abbekommen.
«Ich bin einfach höllenfroh, dass ich so reagiert habe und mir nicht den Vorwurf machen muss, möglicherweise den Tod der jungen Frau nicht verhindert zu haben», sagt der Familienvater heute.