Bauman kritisierte die Moderne. Vor allem das, was er die «flüchtige Moderne» nannte. Damit meinte er, dass unsere Lebenswirklichkeit instabil geworden sei.
In seinen Texten beschreibt er eine zeitgenössische Welt, die einerseits so schnell voranschreitet, dass sie uns unsere Wurzeln und Bezugsrahmen raubt. Andrerseits führt der Kapitalismus dazu, dass auch soziale Beziehungen einer Marktlogik unterworfen werden.
Freiheit gewonnen, Angst produziert
Damit hat Bauman viele Thesen vorweggenommen, wie sie heute Hartmut Rosa oder Eva Illouz weiterspinnen.
Der gebürtige Pole hat demnach schon früh darauf hingewiesen, dass das moderne Individuum zwar Freiheit gewonnen hat, aber dass das soziale Gewebe, das ihm Sicherheit geben würde, brüchig geworden ist. Wir sind zwar frei, aber wir fühlen uns nicht mehr sicher. Und das macht uns Angst.
Diesem Thema widmete sich Bauman in seinem letzten Buch. In «Die Angst vor den anderen» fokussiert er sich auf die Flüchtlingskrise. Die Angst, die entsteht, weil wir uns nicht mehr zugehörig fühlen.
Kosmopolitisch getrennt
Wie viele andere wies Bauman darauf hin, dass die Nationalstaaten aufgrund der Globalisierung unter Druck geraten, gleichzeitig aber ein «kosmopolitisches Bewusstsein» fehle, das uns global zur Gemeinschaft verbinde.
Viele Bürgerinnen und Bürger reagieren mit einer Angst, die politische Parteien ausnützen können. Bauman wies früh auf die Gefahr hin, dass die Verschränkung von Politik und Angst eine Gefahr sein kann.
Seismograph unserer Zeit
In dieser Weitsichtigkeit erinnert er an Fritz Stern, den anderen grossen Denker, der jüdisch-polnische Wurzeln hatte. Stern, der letztes Jahr verstorben ist, warnte stets vor dem Kulturpessimismus als politische Gefahr. So waren Zygmunt Bauman und Fritz Stern Seismographen unserer Zeit, die bereits vor dem Erdrutsch die entsprechenden Erschütterungen spürten.