«Arts & Culture» ist ein Teil des Google Cultural Institute, mit dem der Internetkonzern seit 2011 Kunst und Kultur (online) zugänglich macht und digital erhalten will.
Die App lässt Museen und kulturell wichtige Orte virtuell erkunden – zum Beispiel die Fondation Beyeler in Riehen oder die Berner Altstadt – und zeigt hoch aufgelöste Fotos und weiterführende Informationen zu Kunstwerken und Artefakten.
Nach den USA der Rest der Welt
Für all das hat sich kaum jemand interessiert, bis Google Anfang Jahr «Arts & Culture» um die Funktion «Art Selfie» (Android/iOS) erweiterte. Daraufhin waren die sozialen Netzwerke plötzlich voll mit Fotos von Leuten, die ihren Zwilling im Rijksmuseum gefunden hatten oder entsetzt darüber waren, einem Gemälde von Francis Bacon zu gleichen und nicht der Mona Lisa.
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Bild 1 von 14. Donald Trump, der 45. Präsident der USA: lacht. Petrus Albertus van der Parra, der 29. Generalgouverneur von Niederländisch-Indien: lacht nicht. Bildquelle: Google.
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Bild 2 von 14. Bundeskanzlerin Angela Merkel und das Portrait von Mrs. Alfred L. Becker (geborene Eulabee Dix). Bildquelle: Google.
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Bild 3 von 14. Bundespräsident Alain Berset neben dem Portrait von Joel Barlow, einem amerikanischen Dichter, Staatsmann und politischen Schriftsteller. Bildquelle: Google.
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Bild 4 von 14. Zwillinge, bei der Geburt getrennt: Papst Benedikt XVI. gleicht einer Ordensschwester, die von Claude-Ferdinand Gaillard im 19. Jahrhundert gemalt wurde. Bildquelle: Google.
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Bild 5 von 14. King Roger gleicht keinem König, sondern einem Bischof: dem «Portret van Jan Baptist de Smet». Bildquelle: Google.
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Bild 6 von 14. Xherdan Shaqiri ist der «Boy in the Sailor Dress» (1916). Das mit dem Dress stimmt nicht, das mit den Ohren schon. Bildquelle: Google.
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Bild 7 von 14. Hier wird es kompliziert: Pipilotti Rist sieht laut «Google Arts & Culture» nicht aus wie sie selbst, sondern wie das Portrait ihres Vaters. Bildquelle: Google.
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Bild 8 von 14. Da stimmt nicht nur das optische: Mundard-Schriftsteller Pedro Lenz gleicht dem Portrait von David Leavitt. Der amerikanische Schriftsteller wurde 1984 mit dem Kurzgeschichtenband «Family Dancing» international bekannt. Bildquelle: Google.
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Bild 9 von 14. Er müsste sich noch den Bart wachsen lassen: Züri-West-Sänger Kuno Launer soll einem amerikanischen Professor mit dem schönen Namen Lucius Quintus Cincinnatus Lamar gleichen. Bildquelle: Google.
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Bild 10 von 14. Was hat sich Googles Algorithmus da bloss gedacht? SRF-3-Moderatorin Anic Lautenschlager soll aussehen wie George Gordon, der 2. Markgraf von Huntly. Bildquelle: Google.
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Bild 11 von 14. Wahrscheinlich ein subtiler Kommentar auf die Schönheitsindustrie: Ex-Miss-Schweiz Christa Rigozzi und ihre Doppelgängerin, die Frau vor einem Spiegel. Bildquelle: Google.
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Bild 12 von 14. Sie hat weder grüne Augen noch pinke Haare, aber eine gewisse Ähnlichkeit ist da: Schauspielerin Jennifer Lawrence und das Bild «Green eye Lady» von Dagmara Rybak. Bildquelle: Google.
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Bild 13 von 14. Lässt sich nicht leugnen: George Clooney sieht aus wie das Portrait eines bärtigen Mannes. Bildquelle: Google.
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Bild 14 von 14. Kleiner Scherz am Rande: Der Autor des Artikels mit seinem Kunst-Zwilling. Bildquelle: SRF.
Allerdings funktionierte das bis vor kurzem nur in den USA. Benutzer im Rest der Welt mussten warten, bis Google «Art Selfie» auch für sie freischaltete – was heute passiert ist. Als Grund für die Verzögerung gibt Google an, dass die Funktion erst in den USA getestet wurde, bevor sie nun auch in anderen Ländern angeboten wird.
Wo hänge ich?
An der Bedienung der App hat sich nichts geändert: Die Benutzerin oder der Benutzer schiesst ein Selfie von sich und Googles Algorithmus vergleicht das Gesicht mit den Kunstwerken in seiner Datenbank.
Die Anwendung ist ein gutes Beispiel für den heutigen Einsatz von künstlicher Intelligenz, die auf neuen Computertechniken und riesigen Datenmengen setzt. So kommen bei «Art Selfie» Algorithmen zur Gesichtserkennung zum Einsatz, die sich durch eine riesige Sammlung von digitalen Kunstwerken wälzen.
6000 Ausstellungen, 1500 Museen
Am Ende zeigt die App die besten Treffer, zusammen mit einem weiterführenden Link. Wer darauf klickt, sieht Hintergrundinformationen zum Bild und erfährt, in welchem Museum es zu finden ist.
Google gibt an, dass bereits über 6000 Ausstellungen in mehr als 1500 Museen aus 70 Ländern in der App zu finden sind. Sie alle können nun auch von den Benutzerinnen und Benutzern ausserhalb der USA gezielt nach Doppelgängern durchsucht werden.
Fotos auf Google-Servern
Dass das erst jetzt möglich ist, kann auch mit den strengeren Datenschutzrichtlinien in Europa zu tun haben. Denn um mit «Art Selfie» einen Kunst-Zwilling zu finden, muss ein Portrait-Foto auf Googles Server geladen werden.
Gut möglich, dass Google erst die rechtliche Situation ausserhalb der USA prüfen musste, bevor die Funktion hier angeboten wurde. Auch in den US-Staaten Illinois und Texas, in denen strengere Datenschutzrichtlinien gelten, war «Art Selfie» bislang nicht verfügbar.
Google hat aber gegenüber der «Washington Post» erklärt, keine Fotos zu sammeln und alle Portraits wieder zu löschen, sobald eine Übereinstimmung gefunden wurde. Die Funktion werde auch nicht dazu gebraucht, Googles Maschinenlern-Programme für Gesichtserkennung zu trainieren. Solche Algorithmen werden besser, je mehr Datenmaterial – in diesem Fall also Portraits – ihnen zur Verfügung steht.
Sendung: Radio SRF 3, 5. 9.2018, 15:10 Uhr