Sitzt man im Zug, sind Tunnel dunkel, meist langweilig und zu lang. Hat man Pech, dringt etwas Tunnelmief durch die Fenster. Der Zug rattert derweil unbeeindruckt durch den Berg.
Der TV-Film «Gotthard» dürfte diese Wahrnehmung ändern. Er erzählt von den Einzelschicksalen rund um den Bau der legendären ersten Gotthardstrecke. Auf der ebenfalls fast schon legendären Piazza in Locarno feierte der Film Weltpremiere.
Eine Meisterleistung mit Opfern
Der erste Eisenbahntunnel durch den Gotthard, der von 1872 bis 1880 gebaut wurde, war seinerzeit eine ingenieurtechnische Meisterleistung. Der Bau forderte jedoch auch Opfer. Der Film zeigt die Menschen und das Bauwerk.
Im Zentrum des Films stehen die Tochter eines Fuhrmanns (Miriam Stein), ein deutscher Ingenieur (Maxim Mehmet) und ein italienischer Mineur (Pasquale Aleardi).
Drei Stunden Blut, Schweiss und Tränen
Die Einzelschicksale seien schrecklich, sagt SRF-Filmkritiker Michael Sennhauser, der den Film an der Premiere auf der Piazza sah. «Die Ausstattung ist in ihrer Detailtreue grossartig», befindet Sennhauser.
Die Piazza sei fast voll gewesen. Immerhin: Sie fasst 7000 bis 8000 Zuschauer. Nach drei Stunden Blut, Schweiss und Tränen war ein Tunnel gebaut und das Publikum durchaus zufrieden.
Es wird sich anders rattern
Emotional und packend lobte eine Zuschauerin. Etwas zu emotional empfand es jedoch ein anderer Zuschauer. Für einen kritischen Filmliebhaber hätte die Geschichte etwas abgedrehter und weniger vorhersehbar sein dürfen.
«Der Film ist keine grosse Herausforderung für die Zuschauer», sagt auch Sennhauser, «aber es ist eine unterhaltsame und lehrreiche Geschichtslektion».
An diese Lektion werden sich die Zuschauer wohl auch erinnern, wenn sie das nächste Mal durch den Gotthard rattern. Wie dieser Zuschauer, der nach der Premiere meinte: «Ich fahre jetzt mit einem anderen Gefühl durch den Gotthard zurück.»